Clara Jahrgang 1998 Redaktion Lübeck
hat 5 Sterne vergeben

Mit dem Namen Fidel Castro verbinden Leute in unserem Alter häufig eine verwirrende Widersprüchlichkeit; mal hört man von ihm als dem großen Freiheitskämpfer, mal ist er schlichtweg der antidemokratische Diktator. Auch Reinhard Kleists Graphic Novel „Castro“ bietet keine pauschalen Antworten auf die so entstehenden Fragen, aber hilft zumindest, sie zu ordnen, den Zusammenhang zwischen den verschiedenen Bildern von Castro zu suchen – und zu verstehen, warum es so ein großes Ding war, als Obama 2016 Kuba besuchte. 

Kleists Erzähler ist ein Deutscher, der als Journalist nach Kuba kommt, um über den Widerstand gegen Staatschef Batista zu berichten, dort von der Revolution mitgerissen wird und sich entschließt, auf der Insel zu bleiben. Diese klug gewählte Perspektive ermöglicht es, gleichzeitig die Lebenswirklichkeit im revolutionären Kuba darzustellen und auf journalistische Weise über die Lebensstationen Castros zu berichten. Dabei springt der Autor immer wieder zwischen den Zeitebenen, lässt Wegbegleiter Castros zu Wort kommen und malt so ein breites Bild, bei dem sich der unvorbereitete Leser das große Ganze manchmal etwas mühselig zusammenpuzzeln muss. „Castro“ ist kein Lehrbuch, das bei null anfängt und alles haarklein erläutert, sondern verlangt dem Leser auch etwas ab.
Die Bilder sind mit einem pinselartigen Strich gemalt, wie während der Ereignisse selbst skizziert, und strahlen durch diese Strichführung eine permanente Unruhe aus, wie man sie während der Revolution und letztendlich auch in Castro selbst spüren kann. So beweist Kleist, dass die Graphic Novel (obwohl keine wissenschaftlich korrekte Biographie) auf jeden Fall das richtige Medium für seine Geschichte ist. Bei dem Leser, der sich auf diese etwas anspruchsvollere Zeitreise einlässt, hinterlässt er bleibende Eindrücke, die man mit Bildern viel besser erreichen kann als mit Worten.

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