Ich träume diesen Traum, in dem ich beide Beine und beide Arme bewegen kann und keine sichtbaren Narben habe. Ich sitze in meiner blauen Uniform auf der Bettkante und halte eine Pistole in der Hand. Sonnenlicht erhellt den Staub in meinem Zimmer und taucht alle Stellen in Dunkel, an denen ich die Wände und Türen eingekerbt habe. Mit kribbeligen Fingern führe ich die Waffe zum Mund. Es schmeckt ölig und staubig, als ich die Lippen um das kalte Waffenmetall schließe – doch ich schaffe es nicht. Nicht in den Mund. Obwohl ich immer noch zittere, halte ich mir den Lauf an den Kopf. Die Spitze drückt sich mir in die Haut. Ich kann an nichts anderes denken als daran, wie es sich anfühlt und dass meine Hand zittert und es in meinem Zimmer Staub an Orten gibt, an die ich nie gedacht hätte. Dann drücke ich den Abzug, betrachte den Staub, spüre, wie meine Hand zittert, und denke an nichts und da sind Lärm und Feuer und nichts. Überhaupt nichts.
Jersey Hatch ist ein Freak. Ein Krüppel. Ein Behinderter, der zwanghaft Worte ausspuckt, die sein Hirn wie in einem Mixer durcheinander wirbelt.
Jersey Hatch ist ein Versager. Er hat versucht, sich sein Leben zu nehmen und hat sich zu diesem hinkenden Monster gemacht. Er hat alle seine Freunde verloren und das Leben von ihnen und seinen Eltern zerstört.
Und er weiß nicht warum.
Eineinhalb Jahre seines Lebens sind weg, futschikato, unauffindbar.
Und das ist es, was Jersey am meisten quält: Hat er jemandem etwas angetan? Hat er ein dunkles Geheimnis? Oder sind all seine Überlegungen reinster Quatsch und die Stimme in seinem Kopf will ihm nur einreden, er hätte sich umbringen wollen?
Auf der Suche nach der Wahrheit stößt Jersey auf viel Ablehnung und Wut – aber auch auf Liebe, Zuneigung und Verständnis.
Susan Vaught, die eigentlich Neuropsychologin ist und mit Jugendlichen wie Jersey arbeitet, schafft es wunderbar, Jerseys Denken und Fühlen greifbar zu machen.
In vielen Momenten ist das Mitgefühl mit dem Protagonisten groß, am liebsten würde man den Jungen in den Arm nehmen und ihm sagen, dass alles gut werden wird.
Diese Momente machen Kopfschuss aber nicht minder zu einem heftigen Roman, an den der Leser auch nachdem er das Buch zugeklappt hat, intensiv denkt.
Wirklich gut!