Bille
Die nordischen Filmtage haben Spuren hinterlassen. Die melancholische Stimmung der meisten Filme weht noch immer durch die Straßen und zerrt an den wenigen verbliebenen Plakaten. Das sechstägige Festival ist seinem Ruf wiedereinmal gerecht geworden. Es war ein buntes und abwechslungsreiches Programm mit vielen Filmen, die im Gedächtnis bleiben und den Blick auf die Welt, zumindest in den nächsten Wochen, beeinflussen werden. Es sind Filme, die nicht die breite Masse erreichen müssen, und das merkt man ab der ersten Minute.
Das gilt auch für den Film „Bille“, eine lettische Literaturverfilmung des autobiografischen Romans von Vizma Belševica.
Bille ist sieben Jahre alt und lebt mit ihren beiden Eltern in armen Verhältnissen. Hoffnungslosigkeit und gegenseitige Schuldzuweisungen prägen das Verhältnis der Eltern zueinander. Billes Vater ist alkoholabhängig und boykottiert oft die strenge Sparpolitik seiner Frau, die an ihrer Einsamkeit und dem Druck der Schulden zu zerbrechen scheint. Die Siebenjährige sieht sich schon früh mit diesen Problemen konfrontiert und flüchtet sich in eine erträumte Welt. Ihre Großmutter hat ihr vom Schlaraffenland erzählt und so beschließen Bille und einige Nachbarskinder nach diesem Land zu suchen, in dem niemand Hunger leiden muss und alle glücklich sind.
Bille war ein wirklich sehr schöner, trauriger und ruhiger Film, auch wenn die Altersfreigabe mit 8 Jahren meiner Meinung nach deutlich zu niedrig angesetzt war. Diese Geschichte aus der Sicht des kleinen Mädchens mitzuerleben war beeindruckend, zumal einen der Film nicht hoffnungslos in den Kinositzen zurücklässt.
Tatsächlich setzt sich die Geschichte von Bille aus drei Büchern zusammen. Obwohl die Romane und Gedichtsammlungen von Vizma Besevica zusammen in rund 40 Sprachen übersetzt wurden und großen Anklang in vielen dieser Länder fanden, wurde diese Trilogie weder auf englisch noch auf deutsch veröffentlicht. Auch bei dem Film der Regisseurin Ināra Kolmane bleibt offen, ob er in Deutschland in die Kinos kommen wird. Ich hoffe es doch sehr, da auf diese Weise auch die Bücher neu in den Fokus geraten würden.