„Du weißt doch, dass man nicht glücklich sein kann, ohne manchmal auch unglücklich zu sein, oder?“
Was wäre, wenn Liebe eine Krankheit ist?
Wenn sie der Grund für Kriege, Eifersucht, Gier und Gewalt ist und schließlich zum Tod desjenigen führt, der damit infiziert wurde? In Lenas Welt, in der Zukunft, haben die Wissenschaftler ein Mittel gegen „Amor deliria nervosa“ gefunden. Elektrisierte Zäune schützen die Einwohner vor der Wildnis, in denen die infizierten Invaliden leben und die Polizei kontrolliert ständig, ob jemand Anzeichen der gefährlichen Krankheit zeigt. Zum 18. Geburtstag wird man geheilt und bekommt bald darauf einen Patner zugewiesen, mit dem man den Rest seines Lebens verbringt. Ein Leben ohne Schmerzen und ohne Angst. Aber auch nur mit abgestumpften Emotionen…
Lena kann es kaum bis zu ihrer Heilung erwarten, denn dann wird sie endlich glücklich sein. Befreit von der Last ihrer Vergangenheit – von dem Selbstmord ihrer Mutter, die nie vollständig geheilt werden konnte. Aber ihre beste Freundin Hana interessiert sich für verbotene Musik und Konzerte, die heimlich stattfinden, wo ungeheilte Mädchen und Jungen sich ohne Aufpasser treffen und sogar miteinander reden! Unvorstellbar für Lena, die ihre Freundin nicht verstehen kann und um deren Gesundheit sie fürchtet. Aber dann erlebt sie selber die Faszination, das berauschende Gefühl von Freiheit und… Liebe!
Dann höre ich es.
Irgendwie kann ich über das ganze Schnauben und Trampeln und Geschrei hinweg über mir das Lachen hören – leise, kurz und melodisch, als schlüge jemand ein paar Töne auf einem Klavier an. Die Tribüne. Ein Junge steht auf der Tribüne und beobachtet das Chaos hier unten.
Und er lacht.
Als ich aufstehe, ruht sein Blick auf meinem Gesicht. Mein Atem strömt aus meinem Körper und alles erstarrt, als würde ich ihn durch die Linse meiner Kamera ansehen, ganz nah herangezoomt, und die Welt hielte während dieser winzigen Zeitspanne zwischen dem Öffnen und Schließen der Blende kurz inne. Er hat goldbraunes Haar, wie Blätter im Herbst, wenn sie sich gerade verfärben, und helle, bernsteinfarbene Augen. Ich weiß augenblicklich, dass er einer derjenigen ist, die hierfür verantwortlich sind. Ich weiß, dass er in der Wildnis leben muss; ich weiß, dass er ein Invalide ist.
Mein Magen verkrampft sich vor Angst und ich klappe den Mund auf, um etwas zu rufen – ich weiß nicht genau, was -, aber genau in diesem Moment schüttelt er kaum wahrnehmbar den Kopf und ich bringe keinen Ton heraus. Dann tut er das absolut völlig Undenkbare.
Er zwinkert mir zu.
Nach „Wenn du stirbst“ hat die sympathische Erfolgsaustorin Lauren Oliver ein weiteres unglaublich bewegendes Buch geschrieben. Delirium kommt aus dem Lateinischen und bedeutet „Verwirrtheitszustand“. Das beschreibt ziemlich treffend Lucys Gefühlsschwankungen, als sie ihr ganzes Weltbild in Frage stellen muss und nicht mehr weiß, was richtig und was falsch ist. Die Geschichte ist einfach unglaublich gut durchdacht und zeigt, dass Lauren Oliver auch anders kann.
Die Dystopie, die sie entwirft, erinnert in manchen Punkten an „Die Auswahl“ von Ally Condie, in deren Buch die Themen „verbotene Liebe“ und „zugewiesene Lebenspartner“ ebenfalls eine große Rolle spielen. Jedoch überzeugt „Delirium“ eindeutig mehr, schon alleine durch die Grundidee, dass Liebe eine Krankheit ist und verantwortlich, für die ganzen Probleme seit Menschengedenken. Diese Vorstellung erscheint bei längerem Nachdenken auch als gar so abwegig und die Idee als ziemlich genial. Aber trotzdem würde wohl kaum einer wollen, dass es sie nicht mehr gibt. Und Argumente für die Liebe sowohl für ihre Schattenseite weiß Lauren Oliver einfach wunderbar mit der Beziehung zwischen Lucy und Alex darzustellen. Außerdem wäre eine Welt ohne Liebe doch auch ziemlich langweilig oder?
Ich kann die Fortsetzungen der Triologie auf jeden Fall kaum erwarten und hoffe, dass sie nicht ähnlich vieler anderen Triologien an Spannung und Qualität verlieren werden.
Wer mag, kann das zweite Buch „Pandemonium“ auch schon ab dem März 2012 auf Englisch lesen, da das Original selbst in der Fremdsprache leicht zu verstehen und auch teilweise besser geschrieben ist, als die übersetzte Version.