Die Graphic Novel „Der Magnet“ von Lucas Harari erschien bei Edition Moderne.
Der Pariser Architekturstudent Pierre hat sein Studium abgebrochen, um die berühmte Therme in Vals, einem kleinen Ort in der Schweiz, zu besuchen. Wie besessen untersucht er das Gebäude, zeichnet Teile der Struktur und versucht sich an Grundrissen. Aber egal, wie oft er es versucht, keines seiner Bilder schein absolut richtig zu sein. Einer seiner Bekannten bringt den Studenten zu Testis, einem alten Mann mit einer fabulösen Geschichte. „Der Schlund des Berges“. Alle hundert Jahre lockt die Quelle der Therme einen Fremden an, der dann für immer im Berg verschwindet.
Pierre war für mich ein eindrucksvoller Hauptcharakter. Schon zu Beginn der Geschichte zeigt er die mystische Natur des Gebäudes, das Dreh- und Angelpunkt der Graphic Novel ist. Durch seinen Blickwinkel auf die Therme bekommt der Leser nicht nur den verworrenen Charakter des Thermalbades vorgeführt, er hat auch die Möglichkeit einen Einblick in seine Schönheit zu erhaschen. Etwas das einem Touristen oder unbewanderten Leser schwerfallen könnte ohne durch die Augen eines Architekturbegeisterten zu sehen.
Tatsächlich hat mich vor allem der architektonische Schwerpunkt gereizt. Der zusätzliche mythische Aspekt hat erst mein Interesse geweckt, als der alte Mann auf der Bildfläche erschienen ist. Während diese Legende keinen atemberaubenden Plottwist für mich geschaffen hat, da es mir offensichtlich erschien das sie Pierre betreffen würde, hat mir die zweifelhafte Art gefallen, mit der sie eingeführt wurde. Zweifelhaft insofern, das man zu Anfang noch abstreiten könnte, dass es sich um fantastische Ereignisse handelt. Ein Mechanismus könnte die Tür erklären, er war nur unterkühlt und der Soldat ist nur in eine Steinspalte gefallen, die fliegenden Steine waren erzählerische Übertreibung. Doch spätestens als auch neben Pierre die Steine schweben, ist klar das es sich um etwas Unerklärliches handelt.
Die Illustrationen spiegeln den Kontrast zwischen dynamischem Bauwerk und nebulöser Landschaft sowie Erzählung wieder. Mein Favorit ist die Illustration, in der Pierre in der Höhle steht bevor er bewusstlos wird. Auf der einen Seite ist mit wenigen blauen Linien auf schwarzem Hintergrund das Innere einer großen Höhle zu erahnen. Im Zentrum steht Pierre, dessen Feuerzeug als einzige Lichtquelle zu erkennen ist. Das Bild nimmt etwa ein Drittel der Seite ein, was den Eindruck, dass da mehr sein muss noch verstärkt. Die nächste Seite ist pechschwarz.
Den Magneten halte ich für eine gelungene Graphic Novel. Ich persönlich hätte mich auch mit einer reinen Erzählung von architektonischem Wissen zufrieden gegeben, aber das Buch schafft es auch ohne übermäßig viele Fakten, die Genialität der Therme von Vals zu erklären.