die blüten der sonne
die blüten der sonne
18. Mai 2020
von Jan
5 Sterne
hat 5 Sterne vergeben

dies ist das Rezept des Lebens
sagte meine mutter
während sie mich in den Armen hielt und ich weinte
denk an die blumen die du jedes Jahr
im Garten pflanzt
sie werden dich lehren,
dass auch menschen welken
fallen
wurzeln schlagen
wachsen müssen
um zu blühen

Ich stelle mir „die blüten der sonne“ ein bisschen vor wie einen Spaziergang. Am Wasser, im Schatten, bei leichtem Wind und die Erzählerin erzählt sich selbst diese Geschichte – über die Trennung von ihrem Freund, den sie über alles liebte, der ihr dennoch nicht gut tat und über ihr Leben danach. Denn nachdem eine Blume welkt, blüht sie wieder auf.
Wie umherstreifende Gedanken liest sich auch der Schreibstil. Die Gedichte sind mal kurz, manchmal nur ein Satz, eine Wortekreation, oder eine Beobachtung, dann lange, bedacht aufgebaute und betonte Gedichte mit sorgsam platzierten Zeilenumbrüchen, bis die Worte nicht mehr in Verse passen und als Prosa, wie ein rasender Gedanke auf den anderen, auf mich einprasseln, ich nicht weiß, ob ich ein Gedicht, oder einen inneren Monolog oder einen Tagebucheintrag lese.
Der Roman ist in fünf Kapitel aufgeteilt
- welken, fallen, Wurzeln schlagen, wachsen, blühen -,
die sehr fließend ineinander übergehen, aber dennoch sinnvolle Abschnitte setzen.
Ich glaube, die große Stärke dieses Buches ist seine Erzählstimme. Denn nicht jedes Gedicht ist für sich gesehen ein Meisterwerk, oder enthält die Weisheit des Lebens, aber.
Die Protagonistin hört sich einfach nur ehrlich an. Sie spricht aus, was sie denkt – was nun mal nicht immer das perfekte Sonett ist. Was vielleicht manchmal einfach das ist, was sie sich gerade selbst erklären muss. Doch gerade das macht diese Namenlose Frau in einem Buch mit wenig festen Charakteren zu einer unglaublich tiefen und echten Person.
Und daran liegt auch, dass es mir ging wie allen (vermute ich), die dieses Buch lesen werden: Ich fand mich bei weitem nicht in allen Gedichten wieder – aber immer in einigen. Und so glaube ich, dass jeder seinen persönlichen Mix aus Textstellen finden wird, die ihn oder sie berührt. Was nur natürlich ist, wo doch keine zwei Menschen gleich lieben oder Leben, aber alle – irgendwo – Schnittpunkte haben.
Die ersten Kapitel des Buches sind, wenn man sich darauf einlässt, ziemlich heftig, ich meine traurig, doch trotzdem kann ich das Buch nur weiterempfehlen. Zum Teil habe ich das Lesen genossen, zum Teil hat es mich nachdenklich gemacht.

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