„Die Luft in England ist klebrig und feucht,
der Himmel eine graue Abdeckplane.
Und der Regen droht
Und bis auf die Knochen durchzuweichen.“
Welche Sprache spricht ein Mädchen ohne Freunde oder Vater in einem fremden Land, an einer fremden Schule, wenn die eigene Mutter sie nicht mehr versteht?
„Die Sprache des Wassers“ erzählt Kasienka’s Geschichte – und gleichzeitig so viele andere. Das Mädchen ist 12 Jahre, als ihre Mutter beschließt, nach London zu ziehen, um den Vater zu suchen, der sie verlassen hat. Doch dadurch wird Kasienka nicht nur aus ihrem alten Leben gerissen, sie wird schonungslos in eine enge Einzimmerwohnung katapultiert, in einer Stadt, in der der Himmel immer grau ist und in eine Schule, in der sie nur durch ihren Namen und ihre Kleidung zur Außenseiterin wird.
Eine Lösung wird in den 228 Seiten voll Versen nicht genannt – aber eine Zuflucht. Denn im Wasser sind alle gleich. Wo es keine Vorurteile geben kann, lernt Kasienka sich auszudrücken. Sie beginnt zu schwimmen und spricht die Sprache des Wassers so schön, dass sich ein Junge in sie verliebt.
„Die Sprache des Wassers“ besticht durch seine Formulierungen, die Bilder, die Sarah Crossan zeichnet. Vielleicht kann ein Buch in Versform, das so ein schönes Cover und so einen schönen Titel hat, nicht schlecht geschrieben sein. Allerdings, gerade in der Mitte, kam es mir so vor, als würde die Autorin sich ein wenig zu sehr auf diesen Punkt verlassen. Der Plot hat mich mit fast keiner relevanten Wendung überrascht und sogar die Orte der Handlungen lassen sich zum Teil vorhersagen. Dazu kommt, dass, nachdem zu Anfang ein sehr düsteres und Hoffnungsloses Bild gezeichnet wird, sich alle Handlungsstränge auf wirklich nicht besonders realistische Weise, wie beispielsweise engelsgleiche, zweidimensionale Nebencharaktere zum Guten wenden.
Allerdings sind das alles Dinge, über die ich nachgedacht habe. Beim ersten Lesen habe ich das Buch zu großen Teilen sehr genossen und gerade in den letzten Gedichten sehr mit den Figuren mitgefühlt. Mein Fazit: Eine absolute Empfehlung – an alle, die in Ordnung finden, kein literarisches Meisterwerk zu lesen.