Find Me
Find Me
14. November 2020
von Theo
5 Sterne
Theo Jahrgang 2003 Redaktion Lübeck
hat 5 Sterne vergeben

Ich hatte wirklich Angst vor “Find Me”, der Fortsetzung von “Call Me by Your Name” von André Aciman, da ich mir auf keinen Fall den ersten Teil kaputt machen wollte.

Vor allem weil “Call Me by Your Name” so unglaublich rund und abgeschlossen wirkte, kam es mir sehr suspekt vor, dass es mit der Geschichte weitergehen sollte. Als ich anfing zu lesen, merkte ich, das André Aciman wahrscheinlich dasselbe gedacht hat und so ein Buch schrieb, welches so ganz anders ist als die typische Fortsetzung. Er versucht nicht in die Geschichte des ersten Buches reinzugrätschen oder Dinge zu erklären. Er präsentiert uns Elio und Oliver viele Jahre später und lässt sie auf das Vergangene zurückblicken, zumindestens im letzten Viertel des Buches, denn die erste Hälfte ist eine recht eigenständige Liebesgeschichte von Elios Vater, der im ersten Band eine wirklich kleine Rolle hat. Ihm den größten Platz im Buch zu geben finde ich interessant, und seine Geschichte ist wirklich einzigartig und wunderschön. Gleichzeitig lernt man ihn als Person kennen, und somit auch indirekt Elio, aus dessen Sicht der zweite Teil des Buches erzählt wird. Auch Elio verliebt sich neu, was mir zunächst komisch vorkam und im Vergleich zur Beziehung seines Vaters anfangs nicht ganz so harmonisch; ich bin dann aber doch auf den Geschmack gekommen und gerade die spannungsaufbauende Handlung zum Ende hin hatte ich so vorher noch nicht von Aciman gesehen und es war eine schöne Abwechslung zur immer wiederkehrenden Romantik. Auch den recht kurzen dritten Teil aus Olivers Sicht fand ich sehr gelungen. Den ersten Band konnte ich so mit neuen Augen betrachten, da Olivers Gedankenwelt ja bisher sehr verschlossen war. Auch das Ende, wieder aus Elios Sicht, war sehr gut konstruiert, aber hätte für meinen Geschmack noch etwas länger sein können, da es so bedeutsam war, aber nur einen winzigen Anteil vom Buch ausmacht.


Insgesamt war es wieder eine Freude. André Aciman schreibt einfach nur wunderschön und und mit einer zarten Weisheit. Hatte das erste Buch als präsentes Thema neue Erfahrungen zu machen, halt Coming of Age, war der rote Faden in "Find me" das Abfinden damit, dass man erwachsen ist und nicht jünger wird, und ist somit oft auch auf eine sehr nachdenkliche Weise traurig, zumindestens für mich als Jugendlichen.


Das Buch ist so anders als der erste Teil, dass jeder Vergleich vielleicht ungerecht ist, und so ist es, glaube ich, sehr wichtig, dass man auch mit anderen Erwartungen an das Buch herantritt. Nein, mich hat “Find Me” auf keinen Fall so berührt wie “Call Me by Your Name” aber es war ein sehr gut gemachtes Echo mit eigenem Charakter. 

 

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