Harry Potter und die Heiligtümer des Todes
Harry Potter und die Heiligtümer des Todes
14. Dezember 2020
von Rina
5 Sterne
Rina Jahrgang 2003 Redaktion Lübeck
hat 5 Sterne vergeben

Im siebten und letzten Band der Reihe um den Zauberer Harry Potter und seine Freunde besuchen die drei nicht mehr Hogwarts, sondern begeben sich auf die Suche nach den restlichen Horkruxen, um Voldemort das Handwerk zu legen. Sie reisen im Land umher, immer auf der Hut, denn mittlerweile haben die Todesser das Zaubereiministerium übernommen und sind auf der Jagd nach ihnen. Unglücklicherweise ahnen sie nur bei wenigen der Horkruxe, was sie sind und wo sie sein könnten.

Es ist jetzt ungefähr zwei Wochen her, dass ich das Buch gelesen habe und es ist tatsächlich erstaunlich, an was ich mich noch erinnere: An so einige konkrete Szenen, Gefühle, Dinge, die ich mir notiert habe. Eine Übersicht darüber, was passiert ist und in welcher Reihenfolge habe ich aber überhaupt nicht mehr. Einen großen Anteil daran wird haben, dass das Buch eine gewisse Struktur von abwechselnden Phasen voller Action und Ruhe hat. Da also die großen Ereignisse nicht direkt ineinander überleiten, ist es schwer, alles im Blick zu behalten. Das ist ein kleines Problem, dass ich ansonsten hauptsächlich mit den Horkruxen hatte, die ich ständig im Kopf aufgezählt habe, nachgezählt, welche sie schon haben und wo die restlichen sind. Sonst war es manchmal etwas nervig, wenn ich den Namen einer Nebenfigur wiedererkannt habe, mich jedoch nicht daran erinnern konnte, wer das denn eigentlich war. Das kommt mit der in den anderen Rezensionen erwähnten Überfülle an Charakteren, die manchmal ganz charmant wieder nebenbei auftauchen – wenn man sich denn an sie erinnert.

Zu den Charakteren ist bei diesem Buch generell viel zu sagen. Unfassbar fand ich Dumbledores Entwicklung – der in diesem Band verstorben ist. Trotzdem wird noch so viel über ihn, seine Familie und seine Jugend herausgefunden, dass er wie ein tatsächlicher Mensch wirkt als nur die Person in der Vater- oder Mentorrolle. Seine Widersprüche verschwinden zwar nicht, werden jedoch zu einer durchaus plausiblen Persönlichkeit gesponnen, die eben auch einen gewissen Weg hinter sich und noch immer ihre Probleme hat. Dumbledore ist damit auch deutlich spannender als Lord Voldemort, der große Bösewicht. Dessen Leben oder Charakter ist im letzten Buch nicht spannender als im sechsten. Die Figur lebt von der Rolle in der Serie, vom ikonischen Aussehen, dem Plot und ihrer Macht, nicht irgendeinem interessanten Charakter. Warum tut er all das Böse? Weil er böse ist. Das ist die Antwort die im vorherigen Band gegeben wurde und hier weder geändert noch ergänzt wird.
Bei Hermine wird klar, was mir schon vorher ein paar Mal aufgefallen ist. Sie ist ein „Mädchen“. Will meinen, sie weint viel. Das passt überhaupt nicht zu ihrem Charakter, schließlich sind alle drei in Gryffindor und es ergibt wenig Sinn, dass Harry und Ron in lebensbedrohlich Situationen äußerlich total cool bleiben, während sie zusammenbricht. Das ausgenommen ist sie wirklich klassisch Hermine: vernünftig, belesen, vorbereitet. Es ist schön, Hermine und Harry einmal über längere Zeit ohne Ron zu erleben. Da wird erst klar, wie die beiden tatsächlich zueinander stehen.
Von dieser Zeit abgesehen ist deutlich: Das Trio ist zurück. Ich habe es sehr vermisst und freue mich zu sehen, wie die drei zusammenarbeiten und -leben. Auch die Gruppendynamik wird sehr gut dargestellt; da sie sich meistens fernab von allen Leuten bewegen, wird diese ein wenig überspitzt, was ihr in diesem Falle sogar gut tut und durchaus realistisch ist.
Bei allen dreien stellt sich heraus, wie sehr sie sich bezüglich ihrer Reife und auch der magischen Fähigkeiten entwickelt haben. Das ist wunderbar gelungen und die Freunde funktionieren hier perfekt als Protagonisten mit Ecken und Kanten.

 

Über die Geschichte lässt sich fast nur positives schreiben: Sie ist kreativ, fließend, beinhaltet viel neues und hat das alte viel eleganter eingebunden als in den anderen Bänden. Ich bin richtig beeindruckt. J. K. Rowling hat eigentlich nur gute Entscheidungen getroffen; Harry, Ron und Hermine stoßen auf ordentliche Schwierigkeiten und es gibt eine fantastische Abwechslung in Tempo und Stimmung der Geschichte. Ich habe das besonders daran gemerkt, dass ich an den spannenden Stellen dieses typische Kribbeln im Bauch hatte, das man nur bei speziellen Büchern hat. Daher muss ich auch sagen, obwohl ich es bei "Harry Potter und der Feuerkelch" und "Harry Potter und der Orden des Phönix" schon sagte: Das hier ist das beste Buch der Reihe.


Einige Dinge, die ich einfach gut oder einfach schlecht fand:

Vielsafttrank taucht praktisch ohne Ende auf, obwohl er angeblich unfassbar schwer zu machen sein soll (siehe zweiter Band).

Aberforths Rolle hat Dumbledore Charakter erst richtig abgerundet.

Die Patroni, ihre Rolle und wie sie beschrieben werden mag ich sehr gerne, obwohl sie mir manchmal etwas übernutzt vorkommen. Schließlich kommen sie erst in den letzten zwei, drei Bänden wirklich vor.

Es gibt viele Verluste in diesem Band. Das tut beim Lesen wirklich weh und macht die Geschichte leider viel besser und glaubwürdiger.

 

Spoiler-Warnung für die nächsten drei Absätze!


Ich habe bei Dumbledores Tod geschrieben, wie bedrückend und großartig die Szene geschrieben war. In diesem Band stirbt Dobby. Und obwohl er keien große Todesszene bekommt und wir ihn gar nicht so gut kennen, hat mich das fertig gemacht. Es folgt sein kurzes, simples und für mich hochemotionales Begräbnis. Da musste ich wirklich erstmal durchatmen, bevor ich weitergelesen habe. Das ist herausragend geschrieben.

Der Part, zu dem ich eine gespaltene Meinung habe, ist der große Höhepunkt am Ende des Buches. Zuerst die Schlacht um Hogwarts, die ich spektakulär finde, dann die Szene mit Snapes Tod. Auch von der bin ich Fan, denn sie ist eine der wenigen, an die ich mich nach Jahren noch erinnerte. Die Idee, dass Harry selbst einen Teil von Voldemorts Seele in sich trägt finde ich auf eine gute Weise überraschend, aber insgesamt wird mir zu viel Fokus auf diese verwirrende Verbindung zwischen Harry und Voldemort gelegt. Es folgt der „Traum“ in King‘s Cross mit Dumbledore. Das, was er sagt, ist ungemein unbedeutend, aber auch dieser Teil war mir als Bild im Gedächtnis geblieben. Die Idee dieser Szene ist mäßig, aber Dumbledore hat einige inspirierende Sätze und die Beschreibung von Harrys Erkundung seiner Umgebung ist überaus wirkungsvoll.

Als Harry zurückkehrt schafft er es natürlich mit seinen übermenschlichen Kräften sich selbst beim Crucio-Fluch totzustellen und es kommt plötzlich jede Menge Verstärkung aus dem Nichts angerannt. Das finde ich nicht gut. Dem faktischen Höhepunkt, dem finalen Duell zwischen Voldemort und Harry, kann ich kaum etwas postives abgewinnen. Es ist ereignislos und intellektuell fordernd. Der Punkt ist am Ende, dass Harry den Elderstab beherrscht aus so komplexen Gründen, dass mein müdes Hirn nur mit viel Mühe mitgekommen ist, und Harry so am Ende gewinnt, nachdem er Voldemort all das unter die Nase gerieben hat. Ich hatte wortwörtlich vergessen, dass dieses Duell stattfand, weil es schlicht langweilig ist. Und das ist nicht richtig.
Die Tode in dieser Schlacht haben kaum emotionale Wirkung und sind schnell vergessen oder verdrängt.
Nach Voldemorts Tod folgen zwei Szenen. Beide sind nicht schlecht. Beide sind mir in jeweils einer Sache ein Dorn im Auge. Erst geht Harry in das Büro des Schulleiters und bespricht mit Dumbledores Portrt den Verbleib der Heiligtümer des Todes. Es ist ganz nett zu wissen, was mit denen passiert, aber das Gespräch ist auch nur das – ganz nett. Die so viel bessere Option, meiner Meinung nach, wäre, dass er mit dem Porträt von Snape spricht. Snape hatte am Ende die große Enthüllung, dass er weder richtig gut noch richtig böse ist und war für mich in dem Moment die viel interessantere Figur. Selbst ein Nicken von Harry zu ihm auf dem Weg hinaus hätte schon so viel bewirkt. Das finde ich richtig schade. In der letzten Szene, 19 Jahre später, treffen wir Harrys drei Kinder. Ihre Namen sind Lily, James und Albus Severus. Soweit wir wissen hat also kein einziges seiner Kinder einen der Namen aus der Weasley-Familie! Das finde ich persönlich total unfair, zumal Rons Kinder auch keinen der Weasley-Namen übernehmen.

Spoiler-Warnung Ende

 

Mein Fazit ist: Es ist das beste Buch der Reihe und man sollte sich, auch wenn es schwer fällt, die Zeit nehmen, um es zu genießen. Ich habe verhältnismäßig wenig zu diesem Buch geschrieben. Denn hier gibt es tatsächlich wenig, bei dem ich mich beschweren könnte. Außerdem will ich möglichst nicht spoilern und es passieren so viele spannende und faszinierende Dinge in diesem Buch. Man muss es einfach selbst gelesen haben.

 

 

Ich habe die deutsche Erstausgabe gelesen, die 2007 beim Carlsen-Verlag erschien.

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