Harry kehrt zu seinem zweiten Schuljahr nach Hogwarts, ein Internat für Zauberer und Hexen, zurück. Und auch dieses Mal läuft es von Anfang an nicht ganz normal (selbst für Zauberer). Als er und sein bester Freund Ron den Zug verpassen, nehmen sie den (verbotenen) fliegenden Wagen von Rons Vater. Und die Strafarbeit dafür ist keineswegs harmlos, denn Harry muss mit Gilderoy Lockhart – Orden der Merlin dritter Klasse, Ehrenmitglied der Liga zur Verteidigung gegen die dunklen Kräfte und fünfmaliger Gewinner des Charmantestes-Lächeln-Preises der „Hexenwoche“, außerdem der neue Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste – Fanpost beantworten. Und dann beginnen die Angriffe. Jemand oder etwas greift Schüler aus Muggelfamilien an. Die Ursache dafür scheint in der Kammer des Schreckens zu liegen, doch wer hat sie geöffnet? Und wer war es vor fünfzig Jahren, als es das erste Mal geschah? Rätsel und Fragen ohne Ende: Was hat Draco Malfoy oder Hagrid damit zu tun? Oder die geheimnisvolle Stimme, die nur Harry hören kann?
Und warum macht keiner in diesem Buch seinen Mund auf? Ich weiß es nicht, aber es mein größter Kritikpunkt. Harry, Ron und Hermine finden dieses oder jenes heraus, aber nicht ein einziges Mal gehen sie damit zu den Lehrern. Dann wäre das Buch natürlich schnell vorbei, aber man könnte diesen Entscheidungen wenigstens plausible Begründungen geben. Sie brechen lieber alle Schulregeln und bringen sich in Lebensgefahr, bevor sie mit Professor Dumbledore oder McGonagall oder sonst wem reden.
Abgesehen davon finde ich die Geschichte gut gelungen. Sie macht einigermaßen Sinn und obwohl ein paar Grundideen dem ersten Band etwas nahe sind, gibt es genügend bedeutende Unterschiede, um das Buch spannend zu machen.
Hermine als Charakter und die Freundschaft zwischen den drei Protagonisten werden in diesem Buch deutlich klarer und authentischer. Wir lernen Dumbledore besser kennen und Lockhart finde ich sehr glaubwürdig dargestellt. Sein Charakter hat keine besondere Tiefe, die braucht er allerdings auch nicht. Es ist schön, dass die Stelle vom Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste von sehr unterschiedlichen und einprägsamen Figuren besetzt wird.
Unglücklich finde ich die Darstellung von Ginny Weasley. Ihr Wesen und ihre Einstellung zu Harry sind so undeutlich, dass sie seltsam wirkt, egal was sie tut. Generell glaube ich, dass die Autorin das Alter der Hauptpersonen in diesem Buch (zwölf Jahre) nicht so gut wie im letzten getroffen hat.
Im Vergleich zum ersten Buch ist „Harry Potter und die Kammer des Schreckens“ entspannter, weil die Einführung in die Zaubererwelt wegfällt und der Fokus somit auf der Geschichte liegt. Es fehlt dabei die Schilderung vom Unterricht und ähnlichem, was den Alltag auf Hogwarts ausmacht und den Eindruck der Normalität vermittelt. Ereignislose Wochen werden oftmals übersprungen. Das ist allerdings elegant in wenigen Sätzen gemacht, sodass die Zeitsprünge funktionieren.
Nach „Harry Potter und der Stein der Weisen“ hat man sich in die Zaubererwelt eingefunden. Und nach diesem Buch hat man sich in Harrys Leben und seine Freunde eingefunden. Daher passt es wunderbar, dass diese ersten beiden Bände relativ abgeschlossen in sich sind. Die nächsten werden sich immer mehr miteinander verflechten und auf die Gesamtgeschichte hinzielen.
Ich mag das Buch und es ist ein nötiger Baustein im Harry-Potter-Universum. Es ist ein gutes Buch, allerdings ist es nicht so besonders wie das erste. Auf jeden Fall hat es mir Lust auf mehr gemacht und ich habe mir direkt den dritten Band geschnappt.
Ich habe eine deutsche Ausgabe von 2006 gelesen, erschienen im Carlsen-Verlag.