Ich gebe dir die Sonne
Ich gebe dir die Sonne
13. Januar 2023
von Kalle
5 Sterne
Kalle Jahrgang 2007 Redaktion Lübeck
hat 5 Sterne vergeben

Die Zwillinge NoahundJude sind wie mit einander verbunden - Besser gesagt, sie waren wie miteinander verbunden. Nach einem Vorfall schotten sie sich von einander ab und ignorieren einander. Aus dem unzertrennlichen Zwillingspaar NoahundJude wurden Noah und Jude, denen die andere Hälfte fehlt. 

Die Beiden haben ihre Rollen einmal vollständig getauscht. Der sonst wasserscheue, isolierte Künstler Noah wird zum beliebten Draufgänger, der von den höchsten Klippen ins Meer springt und niemals auch nur einen Pinsel in die Hand nimmt. Und Jude angesagte Suferin verwandelt sich in eine spirtuelle Einzelgängerin, die die Bildhauerei für sich entdeckt. 

Die ganze Geschichte wurde abwechselnd  aus den Perspektiven des dreizehnjährigen Noahs, vor dem Vorfall und der sechzehnjährigen Jude, nach dem Vorfall geschrieben. Man erlebt sozusagen gleichzeitig, wie die Beziehung der beiden in die Brüche geht, aber auch wie sie sich wieder annähern und zu sich finden.

Beide lernen jeweils einen Jungen kennen und verlieben sich. Noah in einen Jungen, der wie von einem anderen Planeten zu kommen scheint und die Wälder auf der Suche nach herabgestürzten Himmelskörpern durchstreift. Jude in das wilde, verlorene Modell ihres geheimnisvollen Lehrmeisters, einem populärem Bildhauer. 

Doch ihre allen Schicksale waren schon bevor sie sich kennenlernten mit einander verwoben. Und so müssen alle Verstrickungen gelöst und alle Lügen aufgedeckt werden. Erst dann sind Noah und Jude wieder NoahundJude. 

Das Buch hat mich so sehr mitgerissen, wie es lange kein Buch mehr geschaft hat. Die knapp 480 Seiten laß ich in einer, recht schlaflosen Nacht durch. Besonders die Kapitel aus Noahs Sicht mochte ich sehr gerne, da ich mich mit ihm fast vollständig identifizieren konnte. Teilweise fühlte ich mich beim Lesen so, als hätte jemand ein Buch über mich geschrieben. Wahrscheinlich waren Noahs Kapitel deshalb für mich so bewegend und emotional. Ich habe mich, an Stelle von Jude mit Noah verbunden gefühlt. Judes Kapitel waren ebenfalls wunderschön, aber dadurch dass nach jedem Jude-Kapitel ein Noah-Kapitel auf mich wartete, empfand ich es zeitweise als schade, wenn ein Noah-Kapitel endete und als etwas mühsam mich durch die Jude-Kapitel “durchzuarbeiten”.

In “Ich gebe dir die Sonne” geht es nicht nur thematisch um Kunst. Aufgrund des Schreibstils fühlt es sich so an, als würde Jandy Nelson ihre Geschichte in den schönsten Gemälden anstatt von Worten verkörpern.

Die Geschichte ist eine Explosion an Emotionen, besonders Noah erlebt man in seinen glücklichsten Momenten, die ich nicht ohne breites Grinsen lesen konnte, doch man lernt ihn auch in seinen dunkelsten Stunden kennen, in welchen es mich geradezu zerriss und die ich kaum ertrug zu lesen. 

Dieses Buch ist ein Parabel-Beispiel dafür, dass man ein Buch nicht nach seinem Cover bewerten sollte. Im Buchladen hätte ich dieses Buch ehrlich gesagt niemals gekauft. Hinter diesem eher misslungenen Cover steckt so viel mehr, aber auch der Klappentext lässt das Buch eher simpel erscheinen.

Fortan werde ich das Buch bei jeglicher Gelegenheit verschenken. Meinen Freund*innen sei hier schonmal mein herzlichstes Beileid ausgesprochen, in den nächsten Monaten werde ich sehr exzessiv versuchen, euch zum Lesen dieses Werkes zu bewegen. Denn jeder der “Ich gebe dir die Sonne” nicht liest, verpasst eines der umwerfendsten Jugendbücher! 

 

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