Man könnte sagen, „Mittagsstunde“ von Dörte Hansen ist ein Buch für Norddeutsche, oder für alte.
Vielleicht könnte man sagen nur wer als Kind von Großeltern durch Knicke geführt wurde, kann das Buch verstehen und dass man den so detailliert beschriebenen Regen selbst im Gesicht gespürt haben muss um mit den Akteuren fühlen zu können, denn so wirkt es.
Wirkt es.
Ich denke, das Buch ist für alle, die sich ein Zuhause wünschen.
Denn egal, ob man als Leser persönlich von der Flurbereinigung getroffen wurde, oder nicht, egal ob man Kiel als Kaff oder Großstadt ansieht – all das zählt höchstens das erste Kapitel über. Danach ist es unmöglich sich dem Bann der Charaktere zu entziehen, die stoisch sind, oder sich anpassen, die mal riesige Felder und moderne Maschinen besitzen und mal wie Reliquien einer vergangenen Zeit wirken, aber immer als wären sie geradewegs aus der Realität geschnitten.
Das Buch wird von den Charakteren getragen, so vollkommen, dass ihr Tod über den Leser kommt wie der eines alten Baumes.
Die Handlung ist nebensächlich; der Kieler Student Ingwer Feddersen nutzt sein Sabbatical year, um in sein Heimatdorf zurückzukehren und seine alten Eltern zu pflegen, die ihm nie wirklich verziehen haben, dass er sich für das Studium und gegen den Gasthof entschieden hat.
Ein poetisches Buch zum Nachdenken und trauern, das zwischen Aufbruch, Hoffnung und Melancholie schwankt.