My Dear Sherlock
My Dear Sherlock
07. Januar 2016
von Clara
1 Stern
Clara Jahrgang 1998 Redaktion Lübeck
hat 1 Stern vergeben

Dass Sherlock Holmes sich immer wieder neu erfinden kann, haben verschiedene Adaptionen immer wieder gezeigt: Dass ein junger Sherlock im modernen London funktioniert wissen wir seit der BBC-Serie „Sherlock“; dass sein Erzfeind Moriarty auch weiblich sein kann seit „Elementary“. Dass eine solche Neufassung aber auch schief gehen kann, sieht man bei Heather Pettys „My Dear Sherlock“.

Die Ich-Erzählerin James „Mori“ Moriarty ist selbstbewusst, hochbegabt und hat ein fotographisches Gedächtnis, doch sie leidet unter dem Verlust ihrer Mutter, einem gewalttätigen Vater und der Verantwortung für ihre drei Brüder. Als sie mal wieder nach einem Streit in den nahegelegen Park flieht, trifft sie dort zufällig auf ihren Mitschüler Sherlock Holmes, der sie zum neusten Tatort einer Mordserie mitnimmt. Von da an versuchen die beiden, die Serie aufzuklären – und obwohl Mori normalerweise niemanden an sich heranlässt, kommen sich die beiden näher.

Ein Blick auf das Cover genügt, um zu sehen, dass der Verlag auf das junge Publikum von „Sherlock“ spekuliert, was sich auch in der Geschichte wiederholt. Und tatsächlich liest sich das ganze eher wie schlechte Fanfiction. Die meisten Charaktere sind flach,  nicht homogen und voller Widersprüche (mit Ausnahme vielleicht von Sherlocks Bruder Mycroft, bei dem der schwer zu fassende Charakter noch am ehesten eine glaubhafte und liebenswerte Adaption des Originals ist).
Das beste Beispiel dafür ist die Ich-Erzählerin selbst: Da ist nichts von dem eiskalt berechnenden und gnadenlos-genialen Original, kaum etwas von der Psychose mancher guter Adaptionen. Stattdessen ist sie ein trauerndes, zurückgezogenes Schulmädchen, das Mörder verabscheut und sich für seine Brüder aufopfert; die paar Andeutungen auf ein Mathetalent können da auch nichts reißen. Das ist wirklich schade, denn eigentlich steckt in einem/einer Moriarty als Ich-Erzähler/in ein unglaubliches Potenzial. Vielleicht wäre die Autorin Heather Petty aber mit einem Watson, der hier nur sporadisch vorkommt, als Erzähler doch besser bedient gewesen.

Auch das Verbrechen ist nicht, wie man es von Holmes gewöhnt ist, originell und verblüffend konstruiert, sondern vorhersehbar und am Schluss nur teilweise und nicht wirklich befriedigend gelöst.

Und selbst für die Liebesgeschichte lohnt sich die Lektüre nicht, denn sie ist langweilig, unlogisch und offen gesagt einfach nur im Weg für das bisschen Story, das man zwischen dem sich ständig wiederholenden Gejammer der Hauptperson findet.

Insgesamt also eine wirklich enttäuschende Fassung, die nahezu alles vermissen lässt, was Sherlock Holmes normalerweise ausmacht.

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