Töchter einer neuen Zeit
Töchter einer neuen Zeit
25. Mai 2020
von Kathrin
3 Sterne
Kathrin Jahrgang 2002 Redaktion Lübeck
hat 3 Sterne vergeben

Der Roman „Töchter einer neuen Zeit“ von Carmen Korn erzählt die Geschichte von 4 jungen Frauen, die 1919 voll Hoffnung und Aktivismus in die Zukunft schauen. Sie alle sind bereits gezeichnet vom Krieg und all ihrer sonstigen Unterschiede zum Trotz teilen sie doch eine Einstellung: so etwas darf nicht noch einmal passieren. Dennoch erfahren sie nur zwanzig Jahre später erneut, und ungleich schlimmer, das Gefühl der absoluten Machtlosigkeit gegenüber maßloser Ungerechtigkeit. Henny und Käthe beginnen beide eine Hebammenausbildung – wollen einer hoffnungsvollen Generation auf die Welt helfen. Ida, eine Tochter aus wohlhabendem Haus, muss sich mit den finanziell begründeten Heiratsplänen ihres Vaters arrangieren und ihre eigentliche, aber nicht standesgemäße Liebe hinter sich lassen. Und Lina, die nach dem Hungertod der beiden Eltern die Mutterrolle für ihren kleinen Bruder übernommen hat, lernt langsam, ihn erwachsen werden zu lassen.

Nach der langen Vorbereitung für das Geschichtsabitur war es wirklich interessant, diesen Roman zu lesen. Es macht Spaß, währenddessen immer zu rätseln, zu welchem genauen Zeitpunkt die Geschichte gerade spielt und sich die Hintergründe darum herum zu puzzeln.

Allerdings war die Erzählstruktur ansonsten erstaunlich anstrengend und verwirrend. Dreißig Jahre lang das Leben vier verschiedener Frauen zu begleiten, ergibt vier Geschichten, die jede für sich schon genug Material böten um die 540 Seiten dieses Buches zu füllen, denn jede dieser vier Frauen bringt eine eigene Familie, Freunde, Kollegen und Liebschaften mit sich. Tatsächlich wäre ein Personenverzeichnis wahnsinnig sinnvoll gewesen - spätestens ab dem Zeitpunkt, an dem einige der beteiligten Charaktere plötzlich ihre Namen ändern, respektive unfreiwillig anders genannt werden. Da nicht alle Frauen einander von Beginn an bekannt sind, geschweige denn ihre Lebenspartner oder Familien, habe ich irgendwann den Überblick darüber verloren, wer wem wann wo und wie eventuell bereits begegnet ist. Hinzu kommt noch, dass Perspektivwechel nur durch einen Absatz gekennzeichnet werden und der Einstieg meist so allgemein ist, dass man zunächst rätselt, wessen Sicht nun vorgestellt wird. Es scheint, als wolle Carmen Korn in einem Buch alle Personengruppen aufzeigen, welche während der Weimarer Republik und der NS-Zeit viel Leid erfahren mussten, jedoch kann ein Roman gewöhnlich nur eine gewisse Fülle an separaten Geschichten tragen und in diesem Fall wäre es vielleicht besser gewesen, diese wirklich spannenden und berührenden Schicksale auf mehrere Bücher aufzuteilen.

Letztendlich sind es auch die spontanen Zeitsprünge gewesen, die nur in der Kapitelüberschrift (und wer liest in spannenden Büchern die Kapitelüberschriften mit?) durch Jahreszahlen kenntlich gemacht werden, welche sowohl den Lesefluss als auch die emotionale Bindung zu den Protagonistinnen massiv erschwert haben. So tauchen beispielsweise plötzlich Kinder auf, ohne dass man im Geringsten eine Schwangerschaft vermutet hätte.

Ich würde sagen, es ist ein Buch, das aufgrund seiner doch sehr mitreißenden Geschichten definitiv lesenswert ist – allerdings nicht ohne Einschränkungen. Man sollte es konzentriert lesen und möglichst ohne große Pausen, in denen man Teile der Handlung oder Personen vergessen könnte. Die Geschichte wird wohl umso interessanter, je besser man über den geschichtlichen Hintergrund Bescheid weiß, setzt allerdings kein Vorwissen voraus. Aus diesem Grund gebe ich 3 Sterne.

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