Interview mit Hanna Marjut Marttila

Interview

Auf der Leipziger Buchmesse wurden zahlreiche Autoren interviewt – unter ihnen auch die finnische Autorin Hanna Marjut Marttila. Lina-Marie Ostertag und Kerrin Maria Kiesbye haben sie zu ihrem Buch "Filmreif" befragt:

Blaue Seite: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, Autorin zu werden?

Hanna Marjut Marttila: Für mich war Schreiben immer etwas sehr natürliches. Ich habe schon als Kind geschrieben, es hat mir Spaß gemacht, obwohl ich viele Fehler gemacht habe. Es hat sich für mich sehr angenehm und behaglich angefühlt, zu schreiben. Ich habe mich schon immer für das Schreiben interessiert, es ist eine Leidenschaft für mich.

Ich hatte das große Glück, dass ich eine Lehrerin hatte, die erkannt hat, dass ich zwar ziemlich viele Fehler machte, aber viel Spaß am Schreiben hatte. Diese Lehrerin hat mich sehr unterstützt.

Es gab einen Schreibwettbewerb in meiner Stadt, dort habe ich mich mit einem Text beworben, ich war da schon über 20 und hatte viele verschiedene Jobs gemacht, aber ich wollte einfach schreiben.

Als Zwölfjährige habe ich zum Beispiel einen Roman geschrieben der ‚Die schwarze Schönheit‘ hieß und von einem schwarzen Auto, dessen Besitzerin und deren bester Freundin handelte.


BS: Warum schreiben Sie gerade Jugendbücher?

Hanna Marjut Marttila: Mich interessieren junge Menschen, weil sich in ihnen alt und jung begegnen, also das Kind und der Erwachsene, und das ist so eine Art Widerspruch, das ist so eine Zeit in der das eine noch nicht ganz weg und das andere noch nicht ganz da ist.

BS: Was macht Ihnen an Ihrer Arbeit am meisten Spaß?

Hanna Marjut Marttila: Zuerst einmal: Schreiben ist wahnsinnig einsam, man muss total diszipliniert auf dem Hosenboden sitzen und durchhalten und das durchziehen und aushalten. Man muss es wirklich ertragen, viel alleine zu sein, sonst kann man diese Arbeit nicht machen.

Und wenn man dann mal das Gefühl hat – das ist leider sehr selten – jetzt hat dieses Kapitel genau die Form, die es haben soll, jetzt stimmt dieser Satz, jetzt ist wirklich dieser Ton da, den ich mir wünsche. Das ist so befriedigend, dieser Moment ist das schönste. Aber ist leider wirklich relativ selten.

Es ist sehr viel Arbeit und man muss einfach durchhalten und weitermachen.


BS: Woher bekommen Sie Ihre Ideen?

Hanna Marjut Marttila: Auch wenn ich gern zuhause bin, ich gehe oft auch raus und sehe mich um. Ich interessiere mich für Menschen, bei denen man merkt, dass nicht alles in Ordnung ist, nicht alles perfekt.

Bei ‚Filmreif‘ war es so, dass ich mich gefragt habe, wie jemand zurecht kommt, der in schlechte Bedingungen gesteckt wird.

Ich beobachte lieber Menschen, aus deren Leben man etwas lernen kann, die sich durchbeißen müssen. Das Leben ist ja nunmal nicht immer perfekt.

BS: Nun kommen wir zum Inhalt Ihres Buches ‚Filmreif‘:

Warum trinkt Donnerstag, also Torsten, die ganze Zeit Saft?

Hanna Marjut Marttila: Ich glaube, das bin ein bisschen ich, das kommt von mir. Ich muss immer etwas trinken, Saft und auch Wasser. Meine Mutter hatte, als ich noch klein war, Angst, dass ich Diabetes haben könnte, weil ich immer so viel getrunken habe.

Daher kommt diese Idee.

 

BS: Welchen Saft trinkt er denn?

Hanna Marjut Marttila: Ich stelle mir einen roten Saft vor. So einen Beeren-Mix-Saft.

 

BS: Wünschen Sie sich manchmal selber, Teile Ihres Lebens einfach rausschneiden zu können wie in einem Film?

Hanna Marjut Marttila: Ganz ehrlich? Ja. (lacht)

Ich gehöre nicht zu den Leuten, die sagen, dass sie überhaupt nichts bereuen, ich bereue schon einiges. Wir machen alle Fehler.

 

BS: Weshalb kommt der Satz ‚So sieht’s aus.‘ so oft vor?

Hanna Marjut Marttila: Dieser Satz bringt einen gewissen Rhythmus ins Buch und gliedert es auch ein wenig. Torsten erzählt ja oft so bewusstseinsstromartig und dieser Satz ist wie ein Punkt, den er noch einmal darunter setzt. Danach kommt im Buch ein kleiner Absatz und in seinem Kopf eine Pause bevor dann der nächste Gedanke losgeht.

BS: Haben Sie etwas mit Karelien zu tun oder weshalb kommen so viele Namen und Hintergründe aus Karelien vor?

Hanna Marjut Marttila: Ich habe tatsächlich eine Beziehung zu Karelien, meine Verwandtschaft väterlicherseits stammt von dort. Nach dem zweiten Weltkrieg, als Karelien russisch wurde, ist meine Familie dann nach Finnland gekommen.

In meiner Familie gab es aufgrund dieser Entwurzelung auch viele Probleme, aber Alkoholismus war zum Glück nicht dabei.

 

BS: Haben Sie ein reales Vorbild für die Figuren aus Ihrem Buch?

Hanna Marjut Marttila: Es ist alles fiktiv. Ich habe eigentlich erst an einem Punkt, an dem das Buch schon ziemlich weit geschrieben war gemerkt, dass ich einen guten Freund habe, der Regisseur ist und dessen Eltern Alkoholiker sind.

Die Geschichte ist fiktional, ich habe ihn auch nicht bewusst als Vorlage benutzt, aber es kann schon sein, dass Dinge, die ich von ihm weiß oder die er mir mal erzählt hat mit in das Buch eingeflossen sind.

 

BS: Was hat für Sie eine blaue Seite?

Hanna Marjut Marttila: Mir fällt zuerst so ein typisches, blaues Notizbuch ein (lacht), in so eines habe ich in meiner Schulzeit immer meine Notizen reingeschrieben. Ich stelle mir ein ganz einfaches, schlichtes, blaues Buch vor, außen blau und innen weiß.

 

BS: Vielen Dank, dass Sie sich für uns Zeit genommen haben!

RedakteurRedakteur: Lina, Kerrin
Titel von Marttila, Hanna Marjut
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