Interview

Interview mit Sebastian 23

Kannst du für alle Nichtwissenden erklären was Poetry Slam ist?

Ja, kann ich machen. Poetry Slam ist ein Veranstaltungsformat bei dem Leute mit ihren selbstgeschriebenen Texten auf die Bühne gehen. Es gibt ein paar wenige Regeln: Hauptsächlich dass die Texte eben selbstgeschrieben sein müssen und es eine Zeitbeschränkung gibt, die meistens so 5-6 Minuten umfasst und da kämpft man dann in dieser Zeit die man hat und mit seinem selbst geschriebenen Text (das sag ich jetzt schon zum dritten Mal!) um die Gunst des Publikums und am Ende bestimmt das Publikum einen Gewinner des Abends. Es ist also hauptsächlich eine Bühne für Leute, die kreativ das gesprochene Wort gestalten und das als Wettbewerbsform.

Und wieso machst du Poetry Slam? Was fasziniert dich daran?

Ich bin da mehr oder weniger zufällig reingerutscht und hab das mal ausprobieren wollen und das ist jetzt schon fast 9 Jahre her, sodass ich da noch gar nicht wusste worauf ich mich eigentlich einlasse. Ich hab aber festgestellt, dass das eine ganz gute Möglichkeit ist eine Form der Bühnenkunst mit Literatur zu vermengen. Beides liegt mir so ein bisschen, das war also optimal für mich um mich auszutoben.

Glaubst du, dass es deine Bestimmung ist, Slammer zu sein?

Bestimmung ist so ein hartes Wort, das lässt immer irgendwie eine höhere Instanz wie Schicksal oder Gott oder den Weihnachtsmann voraus. Ich glaube an das fliegende Spaghettimonster und das fliegende Spaghettimonster lässt keine Bestimmung zu. Nur Piraten.

Was ist das fliegende Spaghettimonster?

Das ist von einem amerikanischen Collegeprofessor, der dafür war, dass wenn wieder in den Schulen über die Theorie, dass der Mensch von Gott abstammt oder die Evolutionstheorie unterrichtet wird, da hat er gesagt, ja find ich gut, dann haben wir diese zwei Theorien, aber dann muss meine dritte Theorie auch unterrichtet werden, nämlich dass der Mensch vom fliegenden Spaghettimonster kommt. Das ist eine ganz fantastische Sache. Er hat dann auch einen Antrag formuliert und das eingereicht - das ist super! Ich finde das sehr, sehr sinnvoll! Er hat auch eine Million Dollar ausgeschrieben für denjenigen, der ihm den Beweis dafür bringt, dass Jesus nicht der Sohn vom fliegenden Spaghettimonster ist.

Und wie viel ist davon abgeschrieben?

Es ist natürlich sehr viel abgeschrieben, aber das ist nichts Ungewöhnliches. Aber es ist nur mit richtigen Quellenangaben richtig. Man muss ja, wenn man eine Doktorarbeit schreibt, ganz viel über den aktuellen Forschungsstand berichten und ganz viel darüber schreiben, was die anderen schon geschrieben haben. Man sollte nur nicht so tun, als hätte man sich das selber ausgedacht.

Du fängst ja ganz oft bei deinen Auftritten mit "Hallo ihr Süßen" an. Was hat das für einen Hintergrund und Sinn und Geschichte?

Also ich hab irgendwann damit angefangen und gemerkt, dass ich das immer mache und hab dann gesagt: Da bleib ich bei. Also wenn ich auf die Bühne gehe, dann geh ich auf die Leute zu, wie ich auch auf die Menschen auf der Straße oder sonst wo zugehen würde. Und sag erst mal „Hallo“ und begrüß die Leute und frag, wie es ihnen geht. Und das find ich angemessen. Dann gleich „Hallo ihr Süßen“ zu sagen, führt auf der Straße manchmal zu Verwirrungen und auf der Bühne manchmal zu Irritationen, die Leuten denken, was ist das für ein komischer Vogel, aber ich hoffe, dass ich das irgendwie ausgleichen kann durch einen positiven Gesamteindruck mit Texten und Liedern.

Was ist denn das Schönste wenn du auf der Bühne stehst?

Das schönste daran ist, wenn man merkt, dass man die Leute erreicht. Dadurch, dass man zum Beispiel ein Feedback kriegt, die Leute positiv reagieren, zum Beispiel lachen oder applaudieren und nach der Show kommen und sagen, das war gut oder du hast mich zum Nachdenken angeregt oder mir voll aus der Seele gesprochen oder ich hab endlich mal wieder gelacht seit Monaten oder so was Schönes - also dass man einen positiven Beitrag leisten kann. Und dann dafür auch noch Geld kriegt.

Du hast mal erwähnt, dass du gerne Beleidungsminister wärst. Was stellst du dir unter diesem Job vor?

Erst mal würd ich dafür sorgen, dass die Leute merken, dass man die deutsche Sprache auch dafür einsetzen kann, die Leute kreativ zu beleidigen. Das ist ein großer Missstand und wir werden zurecht von den umgebenden Sprachgruppierungen beschmunzelt, dass wir immer nur sagen „Du bist doof!“ oder „Arschloch!“, das sind so die Beispiele und es gibt so viele Möglichkeiten. Man kann so viel machen und die deutsche Sprache kann so hässlich sein und man sollte das ruhig mal ausreizen.

RedakteurRedakteur: Lina, Kerrin
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