Interview mit Tamara Bach

Interview

Auf der Leipziger Buchmesse interviewte die Blaue Seite die vielfach ausgezeichnete Autorin Tamara Bach zu ihrem neusten Roman „Was vom Sommer übrig ist“.

Blaue Seite: Was bedeutet Sommer für Sie?

Tamara Bach: Sommer ist eine meiner Lieblingsjahreszeiten. Gerade als ich eine Jugendliche war liebte ich die Sommerferien. In Rheinland-Pfalz, wo ich herkomme, hatten wir nur fünf anstatt sechs Wochen frei.
Trotzdem war es eine Zeit, in der immer viel passiert ist. Da, wo ich herkomme, ist es auch extrem warm, es wird auch die „Toskana Deutschlands“ genannt. Ich fand diese Zeit immer super. Es hat viel Spaß gemacht. Wobei man sich den Sommer immer geiler vorstellte, als er dann letzten Endes war.

BS: Wie würden Sie Ihr neustes Buch in zwei Sätzen beschreiben?

Tamara Bach: Es ist eine Geschichte über zwei Mädchen, die wahrscheinlich sonst keine Freunde wären, aber sich in diesem Sommer konstant über den Weg laufen. Beide haben ihr Päckchen zu tragen und lernen sich dann irgendwann kennen.

BS: Gibt es ein Erlebnis in Ihrer Jugend, dass Sie zu „Was vom Sommer übrig ist“ inspiriert hat?

Tamara Bach: Das einzige was ich sagen kann, was autobiografisch ist, ist die Tatsache, dass ich in der Bäckerei meines Bruders ausgeholfen habe. Ich habe gerne im Verkauf gearbeitet, Service mochte ich überhaupt nicht. In einer Bäckerei zu arbeiten war fatal, gerade weil mein Bruder extrem gut backen kann. Seine Schokoladenbrötchen sind bis heute ungeschlagen. Man riecht auch sehr gut, wenn man dort arbeitet.

BS: Wie finden Sie die Namen für Ihre Charaktere?

Tamara Bach: Bei „Was vom Sommer übrig ist“ weiß ich es gar nicht mehr. Es ist schlimm, dass ich diese Frage sooft gestellt bekomme und dann eine richtige Antwort geben kann. Ich weiß es nicht. Irgendwann musste ich mir selbst aufschreiben, wer wie heißt, wie jetzt die Freundinnen heißen oder die Oma. Louise ist so ein anständiger Name. Das klingt gutbürgerlich, ein netter Name. Man kann ihn gut abkürzen. Den Namen Jana mag ich einfach. Bei „Jetzt ist hier“ habe ich mir lauter Spitznamen ausgedacht. Ich hatte immer das Problem, gerade beim ersten Buch, dass ich Lesungen gegeben habe, und bei bestimmten Namen jemand im Publikum kicherte, weil es jemanden mit dem Namen in der Klasse gab. Dem wollte ich mit den ungewöhnlichen Spitznamen aus dem Weg gehen.

BS: Wären Sie gerne wieder ein Teenager?

Tamara Bach: Nein. Ich habe mal darüber nachgedacht. Aber ich wäre nicht da, wo ich jetzt bin, wenn ich Sachen anders gemacht hätte. Es gehören ja alle Fehler zum Leben dazu. Ich bin tatsächlich sogar sehr froh, dass ich nicht mehr morgens um acht in der Schule sitzen muss, dass ich mich vor niemandem rechtfertigen muss, wann ich abends ins Bett gehe oder wann ich meine To-do-Liste abgearbeitet habe. Es ist schon ein großer Vorteil. Viele hassen es auch, dass sie alles selbst entscheiden müssen und für alles selbst die Verantwortung tragen müssen. Ich persönlich kann es gut leiden, für mein Leben selbst verantwortlich zu sein.

BS: Wie kommt es dann, dass Sie so viel über Jugendliche schreiben?

Tamara Bach:
Ich finde es spannend. Ich finde es spannend, was passiert. Ich kann einfach Geschichten erzählen. In der Pubertät passieren extrem viele Sachen zum ersten Mal und werden komplett anders wahrgenommen, weil sie zum ersten oder vielleicht auch zum zweiten Mal passieren. Es ist nicht, weil ich meine Pubertät aufarbeiten möchte. Ich habe keinen Auftrag, Jugendlichen irgendetwas
beizubringen oder den moralisch rechten Weg zu weisen. Niemals.

BS: Haben Sie während des Schreibens einen roten Faden?

Tamara Bach: Das wusste ich nur bei „Busfahrt mit Kuhn“ tatsächlich, weil ich die Geschichte als Film konzipiert hatte. Ansonsten weiß ich es selten. Ich weiß manchmal den Anfang, manchmal das Ende, dann wieder eine Szene mittendrin. Wichtig ist, dass sich die Figuren irgendwann entwickeln. Wenn die Figuren stehen, dann entstehen die Sachen meistens. Ich bin eigentlich sehr verplant, aber das ist
auch das lustige daran, dass man nicht weiß, in welche Richtung es geht.

BS: Gibt es dann auch einen Moment, in dem Sie nicht weiterkommen?

Tamara Bach: Oh ja. Genau die Momente, in denen ich mich frage: „Warum hast du denn nicht dein Referendariat fertig gemacht und bist Lehrerin geworden?“ Und dann gibt es wieder die Momente, in denen ich nur eine Seite geschrieben habe, die ich aber super finde. Dann sitze ich am nächsten Morgen da und klopfe mir selbst auf die Schulter. Dann macht es wirklich Spaß. Schreibblockaden sind einfach die
Hölle. Und das einzige Mittel, da wieder rauszukommen ist schreiben. Man muss einfach schreiben.
Im Kopf schreibe ich immer mit. Das kann ich auch nicht ausschalten.

BS: Reden Sie viel mit Freunden über Ihre Arbeit?

Tamara Bach: Teilweise lese ich meine Entwürfe vor. Das ist für mich ganz wichtig, fast schon ein erster Teil vom Lektorat. Wenn der Text fertig ist muss ich ihn ja später auch immer wieder vorlesen. So teste ich, ob ich das kann oder ob ich an einer bestimmten Stelle über das Geschriebene stolpere. Meine Lektorin kriegt teilweise auch vorher schon Passagen, wobei ich ihr immer sage: „Noch nicht lektorieren“, denn in der Phase brauche ich eigentlich immer nur Anfeuerung. Ich habe das mal versucht damit zu erklären: Man malt ein Bild und setzt den ersten Pinsel am Blatt an, und dann fragt jemand: „Blau, bist du dir sicher? Blau?“. Wobei man noch gar nicht weiß, in welche Richtung das überhaupt geht. Man kann das Blau ja noch letzten Endes überstreichen.

BS: Welchen Traum möchten Sie sich noch einmal erfüllen?

Tamara Bach: Ich möchte einen Hund haben. Ich hätte gerne einen lustigen Hund. Ich bin noch ein bisschen unentschlossen. Ein paarmal war ich kurz davor, ins Tierheim zu gehen. Aber ich halte mich noch davon ab, weil ich allein lebe und viel mit den Büchern unterwegs bin.

BS: Was hat für Sie eine Blaue Seite?

Tamara Bach: Ich habe mal ein Buch rezensiert, in dem es ums Meer ging. Da waren eine Menge blaue Seiten. Ein Bilderbuch, wunderschön. Wobei ich nicht mehr sagen kann, wie das Buch hieß.

RedakteurRedakteur: Lina, Freya
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