Interview

Interview mit Tanya Stewner (2014)

Nach der Lesung aus „Das Lied der Träumerin“ bei den Lübecker Jugendbuchtagen im Januar 2014 hatten Linnea und Clara die Gelegenheit, Tanya Stewner zu interviewen.

BS: In Ihrem Buch  „Das Lied der Träumerin“ kommen so viele Lieder vor. Haben Sie ein Lieblingslied?

Tanya Stewner: Das ist eine schwierige Frage. Du wüsstest wahrscheinlich selbst nicht genau, welches jetzt gerade das Tollste ist. Also ich mag „Don’t stop me now“ von Queen sehr gerne. Das wäre definitiv unter den Top Ten. Aber es gibt noch andere. Manchmal bin ich eine Zeit lang total verliebt in ein Lied – und irgendwann hat man es sich leidgehört. Dann kommt ein anderes tolles. Sagen wir: im Augenblick „Don’t stop me now“.

BS: Hatten Sie die Lieder beim Schreiben schon im Kopf oder haben Sie die erst später rausgesucht?

Tanya Stewner: Ja, ich hatte die Lieder teilweise wirklich schon im Kopf. Ich wusste, in welche Szene welches Lied gehört. Bei manchen Szenen habe ich mir das im Nachhinein überlegt. Ich habe dann bei der letzten Überarbeitung auch aktuellere Titel eingefügt, denn ich habe das Buch größtenteils in den 90ern geschrieben. Es erschien aber erst 2011. Da habe ich noch mal einen Überarbeitungsdurchgang gemacht, bei dem ein paar ältere Lieder für neuere rausgeflogen sind. Aber die ganz wichtigen, das waren die, die schon von Anfang an drin standen.

BS: Wie viel haben Sie denn im Nachhinein noch an de n Personen geändert?

Tanya Stewner: An den Personen nichts. Gar nichts. Die sind im Grunde so entstanden. Das allermeiste habe ich 1998 geschrieben, da waren die Handlung und die Figuren schon fertig. Bei der Bearbeitung ging es dann wirklich um Songs oder den Stil. Das war das erste Buch, das ich komplett fertiggeschrieben hatte. Vorher hatte ich immer halbe Bücher, habe andere angefangen und das andere liegen gelassen, weil ich eine neue tolle Idee hatte.

BS: Das heißt: London hat Ihnen wirklich geholfen, Ihren Traum zu verwirklichen?

Tanya Stewner: Ja! Ich bin nach London gegangen, weil ich schreiben wollte. Und ich wollte genug erleben, um schreiben zu können. Da habe ich also zwei Fliegen mit einer Klappe erschlagen. Ich habe manchmal Dinge wie in einem Rausch erlebt, die haben mich vollkommen mitgenommen. Liebe natürlich, aber auch andere Dinge, die einen fordern, wie Freundschaften. Ich war dort so lebendig und wach –  das konnte ich direkt für mein Schreiben benutzen. Das ist fast therapeutisch, wenn man es durch das Schreiben noch mal für sich Revue passieren lassen kann. Das hat sich super ergänzt. Sich voll ins Leben stürzen und gleichzeitig darüber schreiben – und dann ist wirklich auch ein Buch dabei rausgekommen. Das war für mich perfekt und mein Traum, genau das wollte ich.

BS: Also hat es Ihnen geholfen, die erlebten Dinge aufzuschreiben?

Tanya Stewner: Ja, das Buch ist sehr autobiographisch, und es werden eben auch „schwere“ Themen behandelt. Die Erlebnisse, die dem zugrunde liegen, waren damals für mich so überrollend, dass ich ganz durcheinander oder auch am Boden zerstört war. Ich meine, wenn dein Freund dir sagt, dass er sich umbringen will – was machst du dann? Natürlich versuchst du zuerst, ihm das auszureden, aber dann merkst du, dass du es ihm nicht ausreden kannst. Gehst du zur Polizei? Es bringt ja nichts, zur Polizei zu gehen, habe ich damals gedacht. Was wollen die machen? Ihn in Ketten legen? Das war damals echt schwierig. Deshalb war es gut, dass ich darüber schreiben konnte. Das hat für mich eine gewisse Klarheit mit sich gebracht. Wenn ich es in Worte fassen konnte und es auf Jeremy aus „Das Lied der Träumerin“ übertragen habe, konnte ich über das normale Miteinander hinaus viele Dinge viel klarer erkennen. Also es hat schon geholfen.

BS: Wie kam es, dass Sie das Buch schon so früh geschrieben haben, aber erst „Liliane Susewind“ veröffentlicht wurde?

Tanya Stewner: Beim „Lied der Träumerin“ war es so, dass ich mich erst nicht getraut habe, das jemandem zu zeigen, weil das Buch so persönlich ist. Ich wollte zuerst etwas anderes schreiben, ein Kinderbuch zum Beispiel. Dadurch entstand das erste „Lilli“-Buch und ich musste dafür erst einmal einen Verlag finden – was nicht so leicht war. Aber selbst als das funktioniert hatte, wollte ich dem Verlag das Manuskript von der Träumerin noch nicht anbieten , weil ich noch nicht so weit war. Ich musste darauf warten, dass ich das konnte. Warten, bis ich einen gewissen Abstand zu dem Buch hatte. Denn wenn ein Buch so nah an einem selber dran ist, ist man natürlich auch wahnsinnig verletzlich. Außerdem wusste ich, dass es auf eine Art geschrieben ist, über die jeder Verlag von vornherein sagen würde: „So schreibt man kein Buch.“ Ich wusste, dass die Kritik teilweise ziemlich hart werden könnte. Da es mein persönliches Leben betrifft, musste ich dafür stark genug sein. Also wartete ich noch ein paar Jahre, bis ich meinem Verlag das Manuskript zeigte. Als ich mich schließlich traute, wollte der Verlag es dann gerne bringen.

BS: Halten Sie Bücher mit diesen Themen für wichtig? Manchmal sagen Erwachsene ja, dass Kinder so etwas nicht lesen sollen, weil es zu schwer ist.

Tanya Stewner: Es ist wahrscheinlich nicht für jeden Jugendlichen geeignet. Es gibt bestimmt Leser, die sind mit 14 gedanklich noch gar nicht an dem Punkt: Was will ich mit meinem Leben machen, was will ich erreichen? Möchte ich mich von den Eltern abgrenzen? Welche Liebe möchte ich erfahren? Ich würde es ab 16 empfehlen, denn es sind teilweise auch explizite Sexszenen enthalten – und das mit dem Selbstmord ist auch heftig. Ich glaube, man spürt aber auch, ob das Buch für einen selbst geeignet ist, wenn man es ein bisschen anliest. Ich vertraue darauf, dass die Leser das für sich selbst entscheiden können. Es ist schon ein spezielles Buch und es ist nicht für den Mainstream.

BS: Ich hab dazu eine Frage: Warum sind die Cover des Taschenbuches und der Hardcover-Ausgabe so unterschiedlich und welches mögen Sie lieber?

Tanya Stewner: Wir haben es zuerst im Hardcover so veröffentlicht, weil wir es ein bisschen verträumt wollten, wegen der Träumerin. Aber ichfand es auch ein bisschen irreführend, weil es so süß aussieht. Zu Beginn fand ich es wirklich schön, z.B. auch die Ornamente,Im Nachhinein befürchtete ich aber, dass man meinen könnte, das wäre eine „Wattebausch-Liebesgeschichte“ und zwischendurch singt jemand schöne Lieder. Dann ist man vielleicht ein bisschen überrascht oder schockiert. Es handelt nicht nur von einem Selbstmord. Auch Inzest ist ein Thema und noch ein paar andere starke Brocken. Das Cover ist vielleicht zu süß, zu harmlos für das Buch. Auch der Verlag hatte hinterher dieses Gefühl. Wir haben dann beschlossen, wenn es als Taschenbuch rauskommt, dann nehmen wir ein neues Cover. Eins, das etwas erwachsener ist. Dann haben wir die Skyline von London gewählt und ich glaube, dass das Taschenbuchcover besser passt, obwohl ich das andere immer noch sehr schön finde.

BS: Haben Sie sich den Titel selbst ausgedacht?

Tanya Stewner: Ja, tatsächlich. Der Titel ist von mir. Die „Liliane Susewind“-Titel sind nicht von mir, die hat der Verlag sich ausgedacht. Aber „Lied der Träumerin“ war meine Idee. Ich habe lange überlegt, wie ich das Buch nennen sollte, aber ich wollte irgendwas mit „träumen“. Dazu kam das Lied.

BS: Hatten Sie den Titel auch schon in den 90ern?

Tanya Stewner: Nein, den hatte ich erst, als ich an den Verlag herangetreten bin. Vorher hieß es immer „Die Träumerin“ oder „Geschichte einer Träumerin“, was sich wahrscheinlich aber nicht gut verkauft hätte.

BS: Das heißt, Sie würden sich auch als Träumerin bezeichnen?

Tanya Stewner: Ja, auf alle Fälle! Doch, sonst hätte ich das nicht so schreiben können, denke ich.

BS: Auch immer noch?

Tanya Stewner: Ja! Natürlich verändert sich so etwas, wenn man älter wird. Ich bin jetzt 40, habe ein kleines Kind, da denkt man natürlich auch über Sicherheit nach. Wenn du alleine bist, wirklich nur du als junger Mensch, dann kannst du es dir auch leisten, zu sagen: Sicherheit ist mir nicht wichtig.“ Wenn man aber ein kleines Kind hat, möchte man dafür sorgen, dass es der Kleinen gut geht. Jetzt habe ich ein Haus, obwohl ich vorher immer dachte, das ist total spießig. Ich wollte immer unterwegs sein, mal hier mal dort. Durch Kinder ändert sich das alles. Ich bin aber immer noch eine Träumerin und gehe gern über die ausgetretenen Pfade hinaus. Ich bin teilweise immer noch recht ungewöhnlich in dem, was ich denke und oder dem, was ich dem Verlag vorschlage.

Ich liebe das Leben immer noch. Das ist immer noch mein Grundgefühl: Ich bin einfach froh, dass ich das alles erleben darf! Meinen Traum leben, Schriftstellerin sein. Und ich kriege auch noch Geld dafür. Das ist unglaublich! Ich genieße das in vollen Zügen und ich kann, wenn ich auf einer Wiese liege und eine Blume sehe, immer noch wahrnehmen, dass das toll ist. Außerdem versuche ich, mich auch immer wieder daran zu erinnern, irgendwo zu stehen und den Wind zu spüren und das wirklich wahrzunehmen. Das ist immer noch Teil meines Lebens.

BS: Es gibt ja einen ziemlich großen Widerspruch in dem Buch: Auf der einen Seite Angelia, die das Leben liebt, und auf der anderen Seite Jeremy. Man kann das Buch auf zwei Arten lesen, traurig oder nicht, der geplatzte Traum von Jeremy und der sich erfüllende von Angelia. Steckt dahinter die Nachricht, dass nicht alle Träume in Erfüllung gehen?

Tanya Stewner: Das ist ganz bestimmt so. Für Angelia wäre es bestimmt ein Traum gewesen, Jeremy auf ihre Seite zu ziehen und ihn vom Leben zu überzeugen. Aber manchmal denke ich, es geht nicht nur um das Realisieren von Träumen, sondern auch um das Träumen an sich. Ziele zu haben und dann das Beste aus sich herauszuholen. Es ist natürlich toll, wenn man das Ziel erreicht. Es ist aber auch toll, voll bei einer Sache zu sein, etwas auf die Beine zu stellen, den ersten Schritt zu machen. Aber du hast Recht: Im Buch ist da natürlich ein Bruch. Das sind diese zwei Extreme, die aufeinander treffen.

BS: Wenn Ihr Buch so autobiografisch ist, warum ist Angelia dann nicht nach London gekommen, um Schriftstellerin zu werden? Wie sind Sie darauf gekommen, die Musik so in den Vordergrund zu stellen?

Tanya Stewner: Ich wollte so gerne über Musik schreiben. Ich wollte meine Liebe für die Musik unterbringen. Ich hatte immer mal wieder so kleine Zettelchen, wo ich draufgeschrieben hatte, wie toll ich ein Lied finde oder was in mir passiert, wenn ich ein bestimmtes Lied höre. Ich dachte, dass das super in dieses Buch passen würde. Manche Sachen wollte ich auch einfach weiter von mir wegrücken. Denn hätte ich in Bezug auf meinen Traum vom Schreiben auch noch die Realität abgeschrieben, wäre es zu viel gewesen. Übers Schreiben zu schreiben ist in meinen Augen außerdem weniger spannend, als über Musik zu schreiben.

BS: Seit wann ist Schriftstellerin zu werden Ihr großer Traum?

Tanya Stewner: Ach, schon ganz lange. Mit zehn habe ich meine ersten Geschichten geschrieben. Ich habe damals schon immer allen gesagt, dass ich Schriftstellerin werden will. Dafür bin ich ein bisschen belächelt worden. Viele zehnjährige Jungs sagen, sie wollen Fußballstar werden und da würde auch nicht jeder sagen: „Ja, das wirst du wirklich.“ Oft ist das ja nur eine fixe Idee. Aber ich habe damals gemerkt, wie viel Spaß mir das Schreiben macht. Das war wieder eine Gefühlssache. Schreiben war auf jeden Fall etwas, wo es mich einfach vom Herzen her immer sehr stark hingezogen hat. Was man damals niemals geahnt hätte, weil ich ganz schlecht in der Grundschule war. Ich kam nicht gut mit meiner Grundschullehrerin zurecht und war unheimlich blockiert. Aber nicht nur wegen der Lehrerin, sondern auch, weil ich wenig Freunde hatte. Ich bin in der Grundschule auch ziemlich gemobbt worden. Deshalb war ich im Unterricht immer ganz verkrampft und habe mich auch nie gemeldet. Ganz schlimm war immer, vorlesen zu müssen. Ich hatte richtig Angst davor, überhaupt vor Büchern. Ich habe ein, zwei Mal vor der Klasse etwas vorlesen müssen. Dann habe ich mich verhaspelt und wurde ausgelacht. Beim nächsten Mal Vorlesen war es natürlich noch schlimmer und ich habe mich erst recht verhaspelt.

Umso erstaunlicher ist es, dass ich heute mein Geld mit Lesungen verdiene. Vorlesen vor Kindern, genau wie in der Grundschule! Ich hatte damals aber auch richtig Angst vor Büchern, weil  die mir diese schrecklichen Situationen erst eingebrockt haben. Ich habe bis zur fünften Klasse kein Buch gelesen. Ich habe auch nichts geschrieben, denn das war für mich das Schrecklichste an der Schule. Bloß weg damit! Dann bin ich auf die Gesamtschule gekommen. Ich war auf keinen Fall gut genug für das Gymnasium. Eigentlich war die Empfehlung Hauptschule. Da hat irgendwas in mir „klick“ gemacht. Neue Lehrer, neue Mitschüler, eine neue Chance! Ich wollte wissen, ob ich wirklich dumm bin. Ich habe in der Grundschule lange Zeit gedacht, ich wäre dumm. Damals hat sogar meine Lehrerin meinen Eltern gesagt, ich sei Legasthenikerin und würde niemals richtig Lesen und Schreiben können. Ich war dann auch in Förderkursen. Dabei bin ich keine Legasthenikerin, das war einfach falsch. Aber damals habe ich das selber über mich gedacht. In der Gesamtschule habe ich dann gemerkt, dass ich das doch kann. Ich habe das einfach nochmal versucht und plötzlich ging es. Es hat mir sogar Spaß gemacht. Dadurch habe ich einen gewissen Ehrgeiz entwickelt und wollte schauen, wie weit ich damit gehen kann – und war dann Klassenbeste.

Ich wollte mir das selber beweisen, meinen Eltern beweisen, allen beweisen, dass ich nicht dumm bin. Ich habe dann ein Einser-Abi gemacht, es hat sich also komplett gedreht. Als ich gemerkt habe, dass das mit den Büchern gar nicht so schlimm ist, habe ich irgendwann selber mal eine Geschichte geschrieben, die war nur vier Seiten lang: „Die Pferdebande“. Vier Mädchen, jedes Mädchen hat ein Pferd und im Grunde habe ich nur aufgeschrieben, wie die Mädchen aussehen und heißen und wie die Pferde aussehen und heißen. Damals habe ich dann gemerkt, dass das irgendwie was für mich ist. Ich habe das meiner Schwester zu lesen gegeben. Sie ist vier Jahre älter als ich und ihr hat es gefallen. Sie hat gesagt: „Schreib doch mal weiter.“ Dann habe ich natürlich auch für sie geschrieben, weil ich stolz war, dass meine Schwester etwas von mir lesen wollte. In diesen Jahren hab ich tatsächlich alles für meine Schwester geschrieben, weil sie mich angefeuert und immer gefragt hat: „Wann ist das neue Kapitel fertig?“ Das war ein riesiger Motor für mich damals. Es hätte aber auch ganz anders ausgehen können. Es war ein schwerer Start. Irgendwie hat sich dann alles noch zum Guten entwickelt. Meine Grundschullehrerin hätte damals niemals geglaubt, dass ich tatsächlich Schriftstellerin werde.

BS: Haben Sie noch mal mit Ihrer Grundschullehrerin geredet?

Tanya Stewner: Nee, die war damals kurz vor der Pension. Als mein erstes Buch rauskam, hat sie wahrscheinlich schon nicht mehr gelebt. Ich hätte ihr das gern mal unter die Nase gehalten. „Sie haben damals gesagt, ich lerne niemals Lesen und Schreiben. Gucken Sie mal!“ Ich glaube, manchmal steckt da, wovor man am meisten Angst hat, das größte Potenzial. Wenn man so richtig Panik vor bestimmten Dingen hat, ist es vielleicht genau das, wo man hineinschlüpfen sollte. Also nicht nur, wenn dein Herz dich hinzieht, sondern auch, wenn dein Herz sagt: „Woah, auf keinen Fall!“ Wenn dich irgendwas emotional total aufwühlt, in Angst oder in Begeisterung versetzt, dann musst du dir das gut angucken, was das ist.

BS: Kennen Sie auch die Angst, dass Sie einmal keine Ideen mehr für eine Geschichte haben? Dass Sie einfach da sitzen und nicht mehr wissen, was Sie schreiben sollen?

Tanya Stewner: Bisher ist es noch nicht passiert und ich denke nicht darüber nach. Denn ich habe festgestellt, dass man sich Ängste auch einreden kann. Ich mache mir da erst mal keine Sorgen. Für die nächsten Jahre habe ich auf alle Fälle genug Ideen, um noch einige Bücher zu schreiben. Falls mir die Ideen irgendwann ausgehen sollten, mache ich etwas anderes. Vielleicht Musik? Welcher Traum ist dann als Nächstes dran? Ich werde mich mit der Situation beschäftigen, wenn es soweit ist. Im Moment denke ich da nicht so viel drüber nach. Ich schreibe übrigens gerade einen neuen Jugendroman. Ich bekomme öfter Mails von Leuten, die „Das Lied der Träumerin“ gelesen haben und sagen: „Wann schreiben Sie denn endlich noch ein Jugendbuch?“ Ich bin fast fertig, also kommt es im Frühjahr 2015 heraus. Es ist übrigens wieder eine tragische Liebesgeschichte.

BS: Ist es einfacher, Kinderbücher zu schreiben als Jugendbücher?

Tanya Stewner: Nein, einfacher nicht. Es ist ganz anders. Aber ich kann nicht sagen, dass ich das andere lieber mache oder dass eines schwieriger oder einfacher ist. Bei Jugendbüchern kann man schon mal kompliziertere Sätze oder kompliziertere Wörter und Gedankengänge einfließen lassen, im Gegensatz zu Kinderbüchern. Ich habe teilweise siebenjährige Leser, die es vorgelesen bekommen. Da bin ich vom Stil relativ simpel. Das darf ich dann beim Jugendroman schon ein bisschen anders machen. Ich schreibe ja gern bildhaft und benutze eine blumige, poetische Sprache. Das kann ich in Jugendbüchern noch mehr ausleben. Aber in Kinderbüchern kann ich herrlich albern sein und das gefällt mir auch gut. Also von daher ist das Beste für mich wirklich, beides zu schreiben.

BS: Wann und wo schreiben Sie am liebsten? Es gibt ja Schriftsteller, die sagen: „Ich schreibe nur mit der Hand oder dem PC.“

Tanya Stewner: Ich habe zu Anfang mit der Hand geschrieben. Meine ersten Bücher und auch die Träumerin habe ich komplett mit Kuli zu Papier gebracht. Aber dann muss man hinterher alles abtippen, das ist echt Arbeit. Ich hab dann irgendwann beim dritten Liliane-Buch angefangen, direkt in den Computer zu tippen. Damit komme ich heute gut zurecht. Es ist schon praktisch. Man kann suchen, ersetzen oder kopieren und hin und her schieben. Denn bei handschriftlichen Sachen hat man tausend Notizen am Rand. Du hast so viel durchgestrichen, dass du gar nicht mehr erkennen kannst, was du geschrieben hast. Der Computer bietet schon Vorteile. Ich sitze meistens mit einem Laptop in einem ganz alten Sessel, den ich sehr mag. Der steht unter einem schrägen Dachfenster. Das ist meine Schreibecke. Zwischendurch gucke ich in den Himmel und sammle Ideen, wie es weitergehen soll. Da ich jetzt ein Kind habe, muss ich meine Schreibzeit genau anpassen. Also: Wenn dienstags die Oma kommt, dann habe ich einen ganzen Schreibtag. Ich finde zwar immer mal hier zwei Stunden und da zwei Stunden, um was zu schreiben. Aber es ist schon weniger geworden. Ich habe aber das Glück, eine Schnellschreiberin zu sein. Der neue Jugendroman ist eigentlich nur an Dienstagen entstanden.

Kennen Sie auch die Angst, dass Sie einmal keine Ideen mehr für eine Geschichte haben? Dass Sie einfach da sitzen und nicht mehr wissen, was Sie schreiben sollen?

Tanya Stewner: Bisher ist es noch nicht passiert und ich denke nicht darüber nach. Denn ich habe festgestellt, dass man sich Ängste auch einreden kann. Ich mache mir da erst mal keine Sorgen. Für die nächsten Jahre habe ich auf alle Fälle genug Ideen, um noch einige Bücher zu schreiben. Falls mir die Ideen irgendwann ausgehen sollten, mache ich etwas anderes. Vielleicht Musik? Welcher Traum ist dann als Nächstes dran? Ich werde mich mit der Situation beschäftigen, wenn es soweit ist. Im Moment denke ich da nicht so viel drüber nach. Ich schreibe übrigens gerade einen neuen Jugendroman. Ich bekomme öfter Mails von Leuten, die „Das Lied der Träumerin“ gelesen haben und sagen: „Wann schreiben Sie denn endlich noch ein Jugendbuch?“ Ich bin fast fertig, also kommt es im Frühjahr 2015 heraus. Es ist übrigens wieder eine tragische Liebesgeschichte.

BS: Ist es einfacher, Kinderbücher zu schreiben als Jugendbücher?

Tanya Stewner: Nein, einfacher nicht. Es ist ganz anders. Aber ich kann nicht sagen, dass ich das andere lieber mache oder dass eines schwieriger oder einfacher ist. Bei Jugendbüchern kann man schon mal kompliziertere Sätze oder kompliziertere Wörter und Gedankengänge einfließen lassen, im Gegensatz zu Kinderbüchern. Ich habe teilweise siebenjährige Leser, die es vorgelesen bekommen. Da bin ich vom Stil relativ simpel. Das darf ich dann beim Jugendroman schon ein bisschen anders machen. Ich schreibe ja gern bildhaft und benutze eine blumige, poetische Sprache. Das kann ich in Jugendbüchern noch mehr ausleben. Aber in Kinderbüchern kann ich herrlich albern sein und das gefällt mir auch gut. Also von daher ist das Beste für mich wirklich, beides zu schreiben.

BS: Wann und wo schreiben Sie am liebsten? Es gibt ja Schriftsteller, die sagen: „Ich schreibe nur mit der Hand oder dem PC.“

Tanya Stewner: Ich habe zu Anfang mit der Hand geschrieben. Meine ersten Bücher und auch die Träumerin habe ich komplett mit Kuli zu Papier gebracht. Aber dann muss man hinterher alles abtippen, das ist echt Arbeit. Ich hab dann irgendwann beim dritten Liliane-Buch angefangen, direkt in den Computer zu tippen. Damit komme ich heute gut zurecht. Es ist schon praktisch. Man kann suchen, ersetzen oder kopieren und hin und her schieben. Denn bei handschriftlichen Sachen hat man tausend Notizen am Rand. Du hast so viel durchgestrichen, dass du gar nicht mehr erkennen kannst, was du geschrieben hast. Der Computer bietet schon Vorteile. Ich sitze meistens mit einem Laptop in einem ganz alten Sessel, den ich sehr mag. Der steht unter einem schrägen Dachfenster. Das ist meine Schreibecke. Zwischendurch gucke ich in den Himmel und sammle Ideen, wie es weitergehen soll. Da ich jetzt ein Kind habe, muss ich meine Schreibzeit genau anpassen. Also: Wenn dienstags die Oma kommt, dann habe ich einen ganzen Schreibtag. Ich finde zwar immer mal hier zwei Stunden und da zwei Stunden, um was zu schreiben. Aber es ist schon weniger geworden. Ich habe aber das Glück, eine Schnellschreiberin zu sein. Der neue Jugendroman ist eigentlich nur an Dienstagen entstanden.

BS: Müssen Sie sich auch mal ermahnen: „Jetzt musst du aber mal wieder schreiben!“? Oder ist das eher Erholung?

Tanya Stewner: Genau andersrum: Ich freue mich immer schon vorher, wenn ich weiß, dass ich einen Schreibtag habe. Dann denke ich manchmal morgens schon: „Ja, heute darf ich schreiben!“ Für mich ist das Erholung. Mein Mann sagt auch manchmal: „Wir haben doch Urlaub, du musst nicht arbeiten.“ Ich erwidere dann: „Ich möchte aber schreiben, ich möchte unbedingt!“ Für mich ist das Abschalten, voll Eintauchen in meine Bücherwelt. Dann bin ich richtig glücklich. Das ist nichts, von dem ich denke: Ich muss. Klar habe ich Abgabetermine und muss auf bestimmte Dinge achten und liefern. Aber ich empfinde das zum Glück nicht als Zwang. Das ist eher wie ein Geschenk, dass ich das machen darf. Andere Leute müssen manchmal fünf Tage die Woche zu einem Job, den sie nicht mögen, und ich darf das machen, was mir am allermeisten Spaß macht.

BS: Um noch einmal auf das Buch zurückzukommen: Dass Josh schwul ist, haben Sie sich ja nicht ausgedacht. Aber finden Sie es wichtig, dass Homosexualität in Büchern vorkommt? Denn die Gesellschaft sieht es ja in vielen Bereichen noch sehr kritisch. Denken Sie, dass dieses Thema durch Bücher für Jugendliche und Kinder, die es lesen, normal wird?

Tanya Stewner: Das ist so ein Thema, von dem ich denke, das muss man nicht immer wirklich zum Thema eines Buches machen. Man sollte es einfach auch passieren lassen, so nebenher. So mache ich das oft in Kinderbüchern: Es kommt mal eine Behinderte im Rollstuhl vor, aber ihre Behinderung ist nicht das Thema. Die Handlung dreht sich um was anderes. Außerdem gibt es in einem Liliane-Buch ein lesbisches Paar, das einen Reiterhof hat. In meinen Büchern kommen auch immer viele Ausländer vor, einfach weil ich denke, dass das unsere Realität ist. Dass Josh schwul ist, habe ich eigentlich nur geschrieben,  weil der echte Josh schwul war. Ich finde aber schon, dass man das auch mal thematisieren sollte. Nur nicht nach dem Motto: „Wir denken alle mal darüber nach, ob das nicht auch normal ist.“ Man beschreibt es einfach als normal und dann ist es das irgendwann auch.

BS: Das Hörbuch haben Sie ja nicht selber gelesen, aber Sie haben selber gesungen. Warum haben Sie nicht auch gelesen?

Tanya Stewner: Ich bin nicht gefragt worden. Ich kann mir  schon vorstellen, meine Romane selbst einzusprechen aber ich habe keine Sprechausbildung. Vielleicht wollen Verlage jemanden, der das wirklich beruflich macht, um auf Nummer sicher zu gehen. Wobei ich finde, Yvonne Catterfeld hat das toll gemacht. Man kann richtig mitfiebern und ob ich das so hingekriegt hätte, weiß ich nicht. Sie macht das echt super. Am liebsten wäre mir gewesen, sie hätte auch gesungen. Aber da gab es Probleme mit der Plattenfirma. Sie darf nicht für Hörbücher singen. Darum habe ich es halt selber gemacht. Ich war etwas unsicher, weil die Stimme von Angelia als glasklar und lupenrein beschrieben wird – und dann kommt meine Stimme. Aber ich glaube, es  geht einigermaßen. Dadurch habe ich mich übrigens mit Yvonne Catterfeld angefreundet. Sie hat auch ein neues Buch von mir eingelesen. Wenn Yvonne das irgendwann nicht mehr macht, lese ich es vielleicht selbst.

BS: Und zum Abschluss noch unsere traditionelle Frage: Was ist für Sie eine blaue Seite?

Tanya Stewner: Keine Ahnung. Was ist eine Blaue Seite … Ganz viel Raum für Ideen, ganz viel Platz, um Träume auszuleben. Also im Grunde offen für alles. Auf einer blauen Seite kann alles passieren. Unendlichkeit, unendliche Möglichkeiten.

BS: Vielen Dank für das Interview.

Tanya Stewner: Sehr gerne

RedakteurRedakteur: Linnea, Clara
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