Interview mit Ulrich Hub
Während des letzten Bücherpiraten-Festivals im September 2014 besuchten viele Autoren das Kinderliteraturhaus und zogen mit Lesungen eine bunte Zuhörerschaft in ihren Bann. Ulrich Hub war einer von ihnen. Er las aus seinem Buch „Füchse lügen nicht“. Zusätzlich zu seiner Lesung gab Ulrich Hub den Redakteurinnen der Blauen Seite, Lone und Marie, auch ein Interview.
Blaue Seite: Was hat Sie dazu inspiriert, das Buch zu schreiben?
Ulrich Hub: Kennt Ihr die Geschichte von der Gans und dem Fuchs? Das ist eine ganz alte Geschichte, die es schon sehr lange und in vielen Versionen gibt. Sie handelt von einem Fuchs, der andere Tiere reinlegt. Das ist eine Parabel: Der Löwe ist zum Beispiel der König und der Affe ist ein Vertreter der Kirche. Das war damals eine Möglichkeit, Kritik am Adel zu üben. Denn man sagte, dass der Löwe doof sei und nicht der König. Die Geschichte ist nicht mehr so bekannt. Darum dachte ich, ich mache eine Geschichte von einem betrügerischen Fuchs, der alle anderen hereinlegt.
BS: Schreiben Sie lieber über Tiere oder über Menschen?
Ulrich Hub: Ich mag beides sehr gerne. Aber ich habe mich für die Tiere entschieden, weil man dann sofort ein Bild vor Augen hat. Wenn man sagt, der Fuchs, dann weiß jeder: Der ist schlau. Der Affe ist immer lustig, das Schaf eher dumm. Und das ist hier ganz anders. Der Affe ist krank, der Tiger ist eitel und wirklich dumm – und so sind die Tiere anders als man denkt. Es werden also Erwartungen geweckt, die nicht erfüllt werden. Das finde ich interessant.
BS: Hat die Geschichte einen wahren Hintergrund?
Ulrich Hub: Das mal ein Flug nicht starten kann oder ähnliches, dass kennt man ja. Niemand wartet gerne. Auch Kinder nicht. Darum habe ich eine Situation gewählt, die jeder kennt, und ich habe einen Ort genommen, an dem Tiere am aller wenigsten sein sollten.
BS: Welchen Charakter aus Ihrem Buch mögen Sie am liebsten?
Ulrich Hub: Ich mag mal den einen mal den anderen lieber. Am liebsten mag ich den Panda, weil er sehr gemütlich ist.
BS: Gab es einen bestimmten Grund für die Auswahl der Tiere, die in dem Buch mitspielen?
Ulrich Hub: Ja, es sollten eigentlich mehr sein. Ich wollte noch ein Schwein haben, dass Karten spielt. Das war mir wichtig. Aber es wurden zu viele Figuren, das macht es unübersichtlich. Darum habe ich mich auf diese Figuren beschränkt. Außerdem wollte ich ein Tier das fliegen kann, ein Raubtier, ein Versuchstier, ich wollte einen Hund, der tobt und Bomben aufspürt. Und ein Klonschaf. Ich wollte Tiere, die modern genutzt werden. Aber es gibt sicher noch sehr viel mehr.
BS: Kennen Sie Leute, die dieselben Macken haben wie die Tiere in Ihrem Buch?
Ulrich Hub: Ja, ganz viele. So kommt man ja auch auf seine Ideen. Indem man seine Umgebung beobachtet und das dann auf seine Figuren überträgt.
BS: Schreiben Sie eher in der Nacht oder am Tag?
Ulrich Hub: Ganz unterschiedlich. Eigentlich sollte ich am Tag schreiben. Manchmal fange ich um 10 Uhr morgens an. Oft kommt etwas dazwischen, aber eigentlich nehme ich mir vor, von 10 bis 14 Uhr schreiben. Besser klappt es meistens nachts von 2 bis 4 Uhr. Da ist alles still und man ist viel freier. Dann ist man aber am nächsten Tag sehr müde und fängt nicht um 10 Uhr an.
BS: Mochten Sie es schon immer, Bücher zu schreiben?
Ulrich Hub: Nein, ich lese sie lieber. Und auch heute noch mag ich das Lesen lieber als das Schreiben.
BS: Was ist denn Ihr Lieblingsbuch?
Ulrich Hub: Da gibt es viele … Ich mag „Krabat“ sehr gerne. Aber auch Thomas Manns „Josef und seine Brüder und der Zauberberg“.
BS: Wie fühlt es sich an, einen Preis zu gewinnen?
Ulrich Hub: Ich hab gar nicht so viele Preise gewonnen. Aber meist bekommt man das gar nicht so mit. Man wird irgendwann angerufen. Es gab eine Situation, da waren fünf Autoren eingeladen und im Laufe der Veranstaltung wurde dann bekannt gegeben wer gewonnen hat. Und in dem Moment will man schon gewinnen. Ich mag solche Veranstaltungen eigentlich nicht so gerne. Es sind ja viel mehr Preise, die man nicht bekommt als die, die man bekommt. Außerdem ist so eine Preisvergabe nie gerecht. Deshalb finde ich es falsch. Man kann nicht „das beste Buch“ bestimmen und auch nicht „den besten Schauspieler“ usw. Diese Dinge kann man nicht so kategorisieren.
BS: Sie arbeiten ja auch als Schauspieler und Regisseur. Welches Stück hat Ihnen denn bis jetzt am besten gefallen?
Ulrich Hub: Mir hat tatsächlich in Berlin eine Aufführung von Shakespeares Hamlet sehr gut gefallen, die habe ich schon drei Mal gesehen.
BS: Haben Sie schon mal darüber nachgedacht, etwas anderes zu machen?
Ulrich Hub: Wenn ich noch einmal fünfzehn sein und mir meinen Weg aussuchen könnte, dann würde ich einen Beruf wählen, mit dem man im Ausland arbeiten kann. Gut, ich kann auch im Ausland schreiben – aber ich bin dann nicht Teil des Ortes, an dem ich dann lebe. Darum würde ich mir einen Beruf suchen, zum Beispiel Arzt, mit dem man mit den Leuten in Kontakt kommt.
BS: Haben Sie ein Lieblingswort?
Ulrich Hub: „Cool“ und „Prima“.
BS: Wo würden Sie gerne mal hinfliegen?
Ulrich Hub: Immer wieder gerne nach Hause.
BS: Wie gefällt Ihnen Lübeck?
Ulrich Hub: Ich kenne Lübeck von den Buddenbrooks und vom Marzipan. Ich habe auf dem Weg hierher noch nicht viel gesehen aber ich werde mir auf dem Rückweg noch einiges anschauen. Doch mir ist aufgefallen, dass die Geschäfte wie in jeder Stadt sind.
BS: Was hat Ihnen bis jetzt am meisten in Lübeck gefallen?
Ulrich Hub: Natürlich die Bücherpiraten. Hier wird man nett begrüßt, kommt ins Gespräch und lernt neue Leute kennen. So etwas erlebt man natürlich nicht, wenn man allein in die Stadt geht. In der Stadt habe ich nur eine Currywurst gegessen und Pfefferminzbonbons gekauft.
BS: Gefällt es Ihnen, in Berlin zu leben? Oder würden Sie auch mal gerne in einem Dorf wohnen?
Ulrich Hub: Ich wohne sehr gerne in Berlin, weil es so vielfältig ist. Wenn ich von Reisen heimkehre, fahre ich sehr gerne mit der U-Bahn und schaue zu, wie die Passagiere von Station zu Station wechseln und sich verändern. Ich würde auch gerne mal in London leben, weil da noch mehr Nationen vertreten sind.
BS: Lesen Sie auch Bücher von anderen Autoren?
Ulrich Hub: Ja (lacht). Nur die eigenen liest man wirklich gar nicht. Denn man hat sich dann sehr lange mit dem eigenen Buch beschäftigt und ist anschließend froh, etwas anderes lesen zu können. Wenn ich schreibe, dann lese ich nur Texte, die mit dem Schreibprozess, also mit dem Buch zu tun haben. Ich lese auch immer wieder gerne Astrid Lindgren, da ihre Sprache einen sehr tollen Klang und einfachen Stil hat. Man kann von ihr viel lernen, da sie genau, präzise und kurz ist. Wenn man eines ihrer Bücher liest – vielleicht Pippi Langstrumpf – darf man wirklich keinen Satz beim Lesen auslassen. Schreiben muss man lernen. Ich bin Theaterautor und da schreibt man ausschließlich Dialoge und ordnet die Szene ein, in dem man z. B. schreibt: „Auftritt Fuchs“ oder „Szene Flughafen“. Beim Buch ist es anders, da muss man z. B. den Flughafen beschreiben und auch Dialoge müssen mit „er sagt“ oder auch „er antwortet“ eingeleitet bzw. indirekt wiedergegeben werden. Das ist etwas, was ich nicht so gut kann. Deshalb schaue, wie das andere Autorinnen und Autoren machen. Man studiert andere Autoren, um zu sehen, wie die z. B. ein Haus oder ein Gesicht beschreiben. Man lernt also von Ihnen, in dem man ihre Bücher liest.
BS: Haben Sie einen Lieblingsautoren?
Ulrich Hub: Ich lese wenig Kinderliteratur. Nur die Literatur aus meiner Kindheit. Das Buch „Millionen“ von Frank Cottrell Boyce ist ein sehr, sehr tolles Buch. Sehr zu empfehlen!
BS: Angenommen, Sie hätten drei Wünsche frei: Was würden Sie sich wünschen?
Ulrich Hub: Da würde mir gar nichts einfallen, bis die Fee sagt: „Jetzt ist Schluss. Die Zeit ist um. Zu spät.“ Ich würde zu lange überlegen.
BS: Was würden Sie sich denn von den Millionen kaufen, über die Frank Cottrell Boyce schreibt?
Ulrich Hub: Jetzt würde ich sowas wie das Kinderliteraturhaus finanzieren. Ich selber brauche nichts. Natürlich würde ich etwas zurücklegen, aber viel wäre das nicht.
BS: Wie würde Ihnen eine Verfilmung von „Füchse lügen nicht“ gefallen? Oder eine Theaterinszenierung?
Ulrich Hub: Als Theaterstück gibt es das Buch schon. Einen Film könnte man natürlich auch machen.
BS: Was hat für Sie eine blaue Seite?
Ulrich Hub: Es gibt eine große schwule Website, wo man andere Jungs kennenlernen kann. Der inoffizielle Name der Seite lautet so – das war jetzt mein erster Gedanke. Die Seite fungiert als Bekanntschafts-Vermittler.
BS: Danke für das Interview.
Ulrich Hub: Bitte sehr. Das habt ihr richtig gut gemacht!