Interview

Interview mit Ursula Poznanski

Im Oktober 2014 hatte Bentje auf der Frankfurter Buchmesse Gelegenheit, der Autorin Ursula Poznanski einige Fragen zu stellen.

Blaue Seite: Welche Ihrer Figuren aus der Eleria-Trilogie wären Sie gerne?

Ursula Poznanski: Am nächsten steht mir Ria, weil sie die  Ich-Erzählerin ist. Der fühle ich mich automatisch mehr verbunden als  den anderen Figuren. Die mag ich jedoch auch sehr gerne. Wenn ich mir  aber aussuchen müsste, wer ich sein wollte, dann wäre das ziemlich  sicher Ria. Sie ist sehr klug. Nicht der Typ, der darauf wartet, dass  jemand sie rettet, sie an die Hand nimmt. Sie packt selbst an. Ich  glaube auch, dass sie ein sehr gutes Gefühl für Moral hat, für das, was  gut und richtig ist. Ria ist schwer in Ordnung und dabei auch noch  recht gut. Wenn, dann wäre das meine Wahl.

BS: Stellen Sie sich so ungefähr die Zukunft vor?


Ursula Poznanski:
Ich hoffe nicht, das wäre schlimm. Ich halte es für  eine Möglichkeit, dass es sich unter ähnlichen Umständen so entwickeln  könnte. Dass man eine Gruppe von Menschen hat, die mit diesen sehr  schlimmen Umständen einigermaßen gut zurechtkommt, weil sie es sich  entweder leisten kann oder eben vorgesorgt hat. Und dass die anderen es  ziemlich schwer haben würden, zu überleben. Das kann ich mir vorstellen.  Dass es jetzt exakt so wird, dass glaube ich aber nicht.

BS: Haben Sie, als Sie die Figuren erschaffen haben, an Menschen aus ihrem Leben gedacht?


Ursula Poznanski:
Nein. Das mache ich nie. Nicht bei der Trilogie und  sonst auch nicht. Ich erfinde die immer. Es ist eher so ein Gespür. Ich  setze mich nicht hin, entwerfe eine Figur und sage: „Er sieht so und so  aus und hat die und die Eigenschaften und isst am liebsten  Kartoffelpuffer.“ Es sind eher Dinge, die schon vorher im  Unterbewusstsein waren und beim Schreiben dann nochmal ganz konkret  werden.

BS: Wie kamen Sie auf die Idee der Trilogie?


Ursula Poznanski:
Die Grundidee war eigentlich fast schon eine  philosophische Frage. Wenn man mit jemandem in einen Konflikt gerät – ob  alleine oder zusammen mit der Familie oder einer Gruppe –, ist man  immer der Ansicht, dass man auf der richtigen Seite steht. Sonst würde  man ja nicht streiten. Man denkt immer, man selbst, die eigene Gruppe  oder die eigene Familie ist im Recht. Die anderen sind im Unrecht, sind  die „Bösen“.
Wenn man jetzt aus seiner alten Gruppe rausfällt und sich in einer neuen  Gruppe wiederfindet – bleiben die alten Zuschreibungen von „gut“ und  „böse“ bestehen oder ändern sich die? Kommt man darauf, dass zuerst die  anderen die Bösen waren und jetzt die Guten sind? Oder kommt man  vielleicht irgendwann darauf, dass es so etwas wie Gut und Böse nicht  gibt, sondern dass es auf die Perspektive ankommt?

Das  war die Ursprungsidee, die ich zu einem Buch oder einer Geschichte  verarbeiten wollte. Den Rest habe ich nach und nach ergänzt. Ich  brauchte für diese Geschichte zwei strikt getrennte Gruppen, die sich  kaum kennen. So konnten böse Vorurteile entstehen. Dann ging es darum,  was passiert, wenn jetzt jemand von Gruppe A in Gruppe B wechselt. Was  passiert zwischen den Menschen? Das war die Grundidee: Schwarz, Weiß und  Grautöne. Meistens ist das Weiß und Schwarz, das Gut und Böse, in  Büchern klar geregelt. Aber in dieser Trilogie wechselt das immer  wieder. Am Anfang glaubt man zu wissen, wer die Guten und wer die Bösen  sind – aber dann dreht es sich. Später stellt man aber auch das wieder  in Frage. Das macht die Geschichte so spannend.

Titel von Poznanski, Ursula
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