Interview mit Veronika Rotfuß
Autor: Veronika Rotfuß
Datum des Interviews: 25.09.2008
Interviewer: Josefine Stisser
Internetseite des Autoren: veronikarotfuss.de
die-blaue-seite.de: Ich habe gelesen, dass „Mücke im März“ zuerst eine Kurzgeschichte war. Ist es dir schwer gefallen, einen Roman daraus zu entwickeln?
Veronika Rotfuß: Gute Frage. Ich habe ja die Geschichte, das erste Kapitel des Buches, für einen Schreibwettbewerb der Hinz und Kunzt geschrieben und dann auch den Publikumspreis bekommen. Dann hat der Carlsen-Verlag mich gefragt, ob ich noch mehr daraus schreiben möchte. Aber eigentlich war es nicht schwer, mehr zu schreiben. Denn ich hatte die Figuren schon lange im Kopf und auch noch mehr Gedanken zu ihnen. Da war es relativ einfach, eine längere Geschichte daraus zu entwickeln.
Die Figuren in dem Roman scheinen ja schon ungewöhnlich und interessant. Wie bist du denn auf die Figuren gekommen und wer war zuerst da?
Yurik habe ich in der U-Bahn gesehen. Da war eine Gruppe taub-stummer Jugendlicher, die haben sich in der Gebärdensprache unterhalten und einen Witz erzählt. Und ein Junge hat sich dabei kaputtgelacht; er hielt sich mit der einen Hand dort oben an der Stange fest und lachte sich wirklich kaputt. Das hat mich zu der Figur des Yurik inspiriert, das war er einfach. Und Mücke, die war da. Sie war einfach so in meinem Kopf. Und dann kam die Mutter.
Die Mutter. Sie ist ja demenzkrank, was hat dich dazu inspiriert?
Man ist es ja gewohnt, dass ältere Menschen vergesslich werden, Alzheimer bekommen. Aber in meinem Bekanntenkreis war auch eine jüngere Frau, die an Demenz erkrankt ist. Das hat mich sehr beschäftigt und auch fasziniert, speziell der Gedanke, dass man sich selbst verliert.
Mücke ist fünfzehn. Gibt es einen bestimmten Grund, weshalb du gerade dieses Alter gewählt hast?
Das lag wohl vor allem daran, dass ich müde war vom Arbeiten. Ich habe mich zurück erinnert, wie es war, bei den Eltern zu leben, und auch ein bisschen danach gesehnt. Wenn man daran denkt, dass man sich nicht um alles selbst kümmern und auch weniger arbeiten muss, dann wirkt das schon alles ziemlich „cool“.
Du hast erst Goldschmiedin und dann Schauspielerin gelernt. Wie bist du zu dem Schreiben gekommen?
Mit dem Schreiben habe ich ungefähr angefangen, wie wohl jeder anfängt: Ich habe erst als Jugendliche Tagebuch geschrieben und später dann auch Gedichte. Aber richtig angefangen, mich zu bemühen, habe ich erst, als ich zur Schauspielschule gegangen bin.
Und wie bist du dazu gekommen, Schauspielerin zu werden?
Ich habe ein paar Jahre als Goldschmiedin gearbeitet, aber dann hatte ich das Gefühl, dass ich, wenn ich so weitermache, in ein paar Jahren total ausgebrannt sein werde. Das wollte ich nicht und deswegen habe ich beschlossen, etwas Kreatives zu machen. Die Schauspielerei hat sich einfach angeboten. Aber ich habe ziemlich schnell gemerkt, dass ich das Schreiben eigentlich interessanter finde.
Wenn dir was anderes als Schauspielerin eingefallen wäre, hättest du dich dann vielleicht anders entschieden?
Ja, vielleicht.
Was hat dich denn dann dazu inspiriert, richtig mit dem Schreiben anzufangen?
Richtig angefangen habe ich eigentlich, als ich regelmäßig mit der U-Bahn gefahren bin. Ich beobachte gerne Menschen, gerade in der U-Bahn, wenn sie nicht bemerken, dass man sie mustert. Wenn man sie so beobachtet fragt man sich schon, wer sie sind und was sie so tun in ihrem Leben. Daraus kann man dann Geschichten schreiben.