Rafik Schami in der Lübecker Petrikirche
Die Lübecker Petrikirche ist gut gefüllt; beinahe ausverkauft an diesem Abend. Klein ist die Bühne, ein Stuhl fehlt, dafür Platz für zwei Schritte in jede Richtung, vier Zurück, zwei und ein Blick ins Publikum.
Die Menschen auf den Zuschauerplätzen, 100, vielleicht etwas mehr, applaudieren als Rafik Schami die Bühne betritt und die Veranstalterin lobt.
Dann beginnt er zu erzählen.
Hier muss gesagt werden, dass der Autor, geboren in Syrien, eine herrliche Stimme hat und einen Akzent, der leise und heimlich in andere Welten entführt. Sie flutet die alte Kirche, als er seine Erzählung aus „Die geheime Mission des Kardinals“ beginnt – im Fenster der Küche eines Damaszener Plattenbaus, über das Regentropfen langsam ihren Weg suchen und fast hört es sich an, als würde er sein Buch Wort für Wort vortragen. Das sollte sich allerdings noch ändern. Denn im Laufe des Abends klingt der Erzähler immer ungebundener, sich immer freier durch seine Gedankenwelt bewegend. Er schweift dann ab, erzählt aus seiner Studienzeit und vom Problem mit einem billigen Taschenwörterbuch „Leichenschmaus“ zu übersetzen, erzählt von seinem Hauptcharakter so viel länger als geplant.
Und als er zum Ende seiner Geschichte kommt, Szene für Szene hat man das Gefühl, es sei alles gesagt. Als hätte man sowohl die Handlung, als auch jeden Charakter bis zum Grund durchdrungen und den Geist des Buches als Erinnerung eingefangen.
Und schließlich
endet die Erzählung – am Fenster im fünften Stock eines Damaszener Plattenbaus.