Vier Beutel Asche
Vier Beutel Asche
07. Januar 2014
von Estelle
4 Sterne
Estelle Jahrgang 1997 Redaktion Lübeck
hat 4 Sterne vergeben

„Gut? Gar nichts ist gut. Christoph ist tot!“ Lena atmete schwer.  „Aber wovor hast du Angst? Seine letzte Ruhe zu stören, die er gar  nicht haben wollte? Wir können seine Asche auch jetzt noch ans Meer  bringen, wir müssen sie nur ausgraben. Wenn es sein Wille war, dann soll  er ihn auch bekommen. Oder nicht?“

In der Nacht zum Geburtstag des kürzlich verstorbenen Christoph  treffen sich drei Jugendliche zufällig an seinem Grab, die mit ihm durch  jeweils besondere Art verbunden waren. Seine Freundin, sein bester  Freund, noch ein Freund und ein Mädchen, von dem am Anfang niemand so  wirklich weiß, was sie mit ihm zu tun hatte. Sie alle wollen in dieser  Nacht in Ruhe um Christoph trauern.
Als sie anfangen, sich gegenseitig zu fragen, warum sie gekommen sind,  stellen sie fest, dass dieses Grab nicht das ist, was Christoph gewollt  hätte. Er wollte eine Seebestattung. Um ihrem Freund noch eine letzte  Ehre zu erweisen, graben sie kurzerhand seine Urne aus, teilen die Asche  auf vier Plastikbeutel auf und machen sich auf Motorrädern auf den Weg  zum Meer.

Boris Koch beschreibt gut die Entwicklung des Protagonisten Jan in  seiner Trauer, wie er durch Gefühle der Ohnmacht und Trauer, durch Wut  und Hass auf den am Unfall beteiligten Autofahrer und durch Verzweiflung  im Angesicht seines zukünftigen Lebens ohne seinen besten Freund geht.  Dabei kann der Leser sehr gut mitfühlen, durch das Abenteuer der Freunde  und seine lustigen Aspekte ist das Buch allerdings keinesfalls  bedrückend, sondern eher ein Aufruf, das Leben wertzuschätzen und in  vollen Zügen zu genießen.

Außerdem beschäftigt sich der Roman mit einem Thema, welches uns alle  etwas angeht: der Verlust eines geliebten Menschen. Boris Koch gibt  keine Tipps, wie man den Schmerz am besten überwindet, er fordert keine  Rückkehr zur Normalität oder zeigt mit dem Finger auf jene, die schnell  wieder in den Alltag zurückkehren. Viel mehr verstärkt er das  Verständnis dafür, dass es viele Wege gibt, zu trauern. Und keiner davon  ist falsch oder richtig.
Interessant an der Geschichte ist auch, dass der Autor Fassaden  aufbricht und zeigt, dass der gleiche Mensch von verschiedenen anderen  Menschen auf unterschiedliche Arten gesehen werden kann: Alle vier haben  Christoph gemocht oder geliebt, aber keiner kannte ihn genauso wie die  anderen. Was er dem einen erzählte, verheimlichte er den anderen.
Zudem entspricht der Roman einem typischen Roadtrip-Movie: Vier Freunde,  fast ohne Geld auf Motorrädern auf dem Weg zum Meer. Da ist es schon  vorprogrammiert, dass Einiges schief läuft und die Pläne sich auf  komische Art verändern. Das ist gut, weil das Thema dadurch aufgelockert  wird und die Story immer eine gewisse Spannung beibehält.
Einzig negativ waren für mich Szenen von hemmungslosen Partys, die der  Autor für meinen Geschmack etwas zu detailliert beschrieben hat. Das tut  dem Roman jedoch keinen Abbruch.

Das Buch ist also für Leute empfehlenswert, die tiefsinnige Bücher  mögen, aber auch für jene, die Roadtrip-Romane mit ihrem Humor und den  vielen Wendungen des Schicksals lieben.

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