Isabella
Isabella
01. April 2009
von Saskia
5 Sterne
Saskia Jahrgang 1991 Redaktion Lübeck
hat 5 Sterne vergeben

Das Buch „Isabella. Fragmente ihrer Erinnerung an Auschwitz“ von Isabella Leitner ist im Ravensburger Taschenbuchverlag erschienen. In ihm erzählt die Autorin von ihren Erinnerungen an das Vernichtungslager Auschwitz und die damit verbundenen Empfindungen. Dabei bemüht sie sich allerdings nicht um eine geschichtsbuchartige Wiedergabe von Geschehen und Taten, sondern schildert ihre Gefühle und die Einzelsituationen, in denen diese entstanden sind.
Deshalb ist die Stimmung des Buches insgesamt sehr düster und niedergeschlagen. Als Leser steigen einem oft die Tränen in die Augen. Man kann gar nicht anders, als das Schicksal dieser Menschen zu beweinen. Zur selben Zeit kann man den Mut und das Durchhaltevermögen von Isabella und ihren Schwestern nur bewundern. Insgesamt malt das Buch ein erschreckendes Bild, da die Dinge und Zahlen, die man im Geschichtsunterricht gelernt hat, nun Gestalt durch die Erinnerungen Isabella Leitners annehmen.

Ausschnitt aus Isabella:
Die meisten von uns sind geboren, um zu leben – zu sterben, aber vorher zu leben. Du, mein Liebes, bist nur geboren worden, um zu sterben. Wie gut nur von dir, vor dem Appell zur Welt zu kommen, dass deine Mutter nicht strammstehen muss während deiner Geburt. (…)
Und jetzt, da du geboren bist, bittet deine Mutter, dich zu sehen, dich zu halten. Aber wir wissen: Wenn wir dich ihr geben, wird es einen Kampf bedeuten, dich wieder fortzunehmen, deshalb können wir es nicht zulassen, dass sie dich sieht, denn du gehörst ihr nicht. Du gehörst der Gaskammer. Deine Mutter hat keine Rechte. Sie hat nur Futter für die Gaskammer hervorgebracht. Sie ist keine Mutter. Sie ist nur eine dreckige Jüdin, die die arische Landschaft mit einem neuen dreckigen Juden beschmutzt hat. Wie kann sie es wagen, dich als menschliches Wesen zu sehen? Und deshalb, liebes Baby, bist du auf dem Weg zum Himmel, um einen kürzlich dort Angekommenen zu treffen, der dir einen lieben Kuss durch all den Qualm entgegenbläst, ein guter Freund, dein Erzeuger – dein Vater.

Mir persönlich hat das Buch sehr gut gefallen. Die Schilderung der verschiedenen Situationen und vor allem Gefühle war sehr erschreckend und die klare und knappe Sprache hat diesen Eindruck noch verstärkt. Gerade deshalb finde ich, dass es ein sehr lesenswertes Buch ist, sowohl für Jugendliche als auch für Erwachsene. Dass es sich lediglich um Erinnerungsfetzen und keine detailreichen Situationsbeschreibungen handelt, mag für viele ein Nachteil sein, in meinen Augen ist es jedoch ein riesengroßes Plus. Es gibt genug Ereignisschilderungen über die Zeit des Nationalsozialismus. Es ist wichtig, dass auch die Menschlichkeit ein eigenes Buch bekommt, und das ist mit diesem Buch geschehen.

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