Straße der Ölsardinen
Straße der Ölsardinen
02. Juni 2018
von Kathrin
5 Sterne
Kathrin Jahrgang 2002 Redaktion Lübeck
hat 5 Sterne vergeben

„Gelegenheitsarbeiter, Taugenichtse, Dirnen und Sonderlinge bevölkern die Cannery Row im kalifornischen Fischerstädtchen Monterey. Sie leben in alten Lagerhallen wie Mack und seine vier Kumpane, denen jede geregelte Arbeit verhasst ist; sie hausen in ausrangierten Dampfkesseln und verrosteten Röhren auf dem „leeren Platz“, der alles andere als leer ist; oder wie Henri, der Maler, in einem Boot Marke Eigenbau, an dem er seit zwanzig Jahren herumbastelt und in dem es keine seiner Frauen und Freundinnen lange aushält. Sie treffen sich im unerschöpflichen Kramladen des Chinesen Lee Chong, um auf Pump einzukaufen, in den Kneipen rund um die Fischkonservenfabriken, in Doras Etablissement und im Laboratorium des einsiedlerisch lebenden Meeresbiologen „Doc“, den sie eines Tages mit einer grandiosen Party überraschen. Und das alles spielt sich unter den misstrauischen Blicken der ordentlichen Bürger von Monterey ab...“ 


So heißt es im Klappentext des Buches „Straße der Ölsardinen“ von John Steinbeck und ich nehme jetzt einfach diesen Text, denn ich schaffe es nicht, die 150 Seiten zusammenzufassen. Jeder Versuch endete in einer trägen, glanzlosen Erzählung, die logischerweise nur die Handlung, nicht aber die wunderbare Atmosphäre wiedergeben konnte, die das Buch so einzigartig macht. Denn John Steinbeck schreibt mit einem Stil, der das Herz höherschlagen lässt, und scheut dabei nicht den Gebrauch brutal ehrlicher Worte. Nicht zuletzt dadurch wird sein Buch so unglaublich vielseitig, wobei auch die Witze und humorvollen Ausführungen ihren Teil dazu beitragen. Gleichzeitig kann er über mehrere Seiten hinweg den Verlauf einer Landschaft, oder den Anblick der Industrieanlagen beschreiben, ohne den Leser auch nur eine Sekunde zu langweilen. Der Anfang beinahe jedes Kapitels wirkt wie der Anfang einer kompletten Geschichte und leitet diese so schön ein, dass man auch bei mehrmaligem Lesen nie den Spaß verliert. Auch scheint es in Steinbecks Romanen keine unwichtigen Personen zu geben, denn jedem von ihnen widmet er ein ganzes Kapitel und erzählt so ihre ganz eigene Geschichte. 

Auf diese Weise schafft er es, Gesellschaftskritik mit Humor und großartigem Erzählstil zu verbinden. „Klassiker“ klingt vielleicht erst einmal langweilig (vielleicht denkt man auch an Schullektüren), aber was auch immer ihr euch vorstellt, Steinbeck wirft alles über den Haufen. 

„Die Straße der Ölsardinen“ ist ein wunderbares Buch von einem wunderbaren Autor, das ich euch wirklich, wirklich empfehlen kann. Und lasst euch bitte nicht von dem unscheinbaren Einband abschrecken, denn zwischen diesen Seiten verbirgt sich eine der besten Geschichten, die ich je gelesen habe. 

(Man sollte vielleicht noch sagen, dass dieses Werk sein optimistischstes ist, es eignet sich also gut als Einstieg in die „Steinbeck-Literatur“. Die anderen Bücher (ich kenne nur noch Früchte des Zorns) können sehr schnell sehr bedrückend werden.) 

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P.S.: Einige seiner Werke („Früchte des Zorns“ und „Von Mäusen und Menschen“) gehören in manchen Teilen Amerikas zu den verbotenen Klassikern. Für mich komplett unverständlich. Wer Waffen erlaubt, wird sich doch vor Worten nicht fürchten? 

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