Alles Regal

man kam, las und liebte

Welcher Teil eines Buches entscheidet meistens darüber, ob wir die Geschichte spannend finden und ob es sich lohnt, unser mühsam erspartes Taschengeld dafür auszugeben? Und welcher Teil ist es weiterhin, der uns neugierig macht und in die richtige Stimmung versetzt, um uns in angemessener Weise auf das Gelesene einzulassen? Es sind weder Cover, noch Schriftdesign, welche uns veranlassen, uns schon im Buchladen zu verlieben.

Es ist der Klappentext, das Wortgewandt des Buches und dennoch der am meisten unterschätzte Teil einer Geschichte. Viele Verlage verstehen nicht, dass der Klappentext der Anfang und damit ein Teil der Geschichte selbst ist, denn er bestimmt, mit welchem Blick wir diesem Buch begegnen, welchen Schwerpunkt wir legen und letztendlich auch, wie wir das Gelesene deuten. Er hat die Macht, einem eigentlich guten Buch die Fesseln der Klischees anzulegen. Und doch haben wir nun endlich einen Verlag gefunden, der die Bedeutung eines guten Klappentextes zu schätzen und für sich einzusetzen weiß. Zu fünft stolperten wir vor zwei Wochen über die Lübecker Buchmesse, entdeckten durch Zufall einen keinen, verlassenen Verlagsstand, und plötzlich waren wir alle verliebt. Nervös umkreisten wir das Angebot, das für etwa eine Stunde den Mittelpunkt unseres kleinen Universums bildete, stürzten uns willkürlich auf eines der Bücher, lasen, schmolzen dahin und teilten den anderen unsere Entdeckung mit. Nun haben wir gemeinsam beschlossen, diesen Verlag zu ehren und verleihen feierlich „Secession“ den Preis für die besten Klappentexte!

Und falls es euch noch immer schwer fällt, zu verstehen, warum wir so begeistert waren, folgt hier ein kurzer Beispielklappentext zu "Engel der Illusion":

"»Engel der Illusion«, das sind »Engel des brennenden Scheins«. Ihr Schein ist kein bloßer, kein leerer, er ist vielmehr ein Scheinen, dessen Medium die Sprache ist. Denn durch die Sprache sind wir in das gestellt, was nicht ist, und doch erfahren wir das, was ist, allein durch sie. Nur durch die Sprache sind wir in der Welt, nur durch die Sprache sind wir ihr für immer entrückt. Entrückt wohin? In die Welt der Scheins, Welt der Lüste und des Leids, der Leidenschaft und Kontemplation, der phantastischen Geschichten und der Poesie.
Mit seinen bildgewaltigen, selbstverlorenen und dabei tief nachdenklichen Gedichten sucht Christian Uetz in der Sprache nach der verborgenen Präsenz dieser Engel der Illusion, um ihr Scheinen erfahrbar zu machen. Was seine Texte so hervorbringen, sind Ekstasen der Sinnlichkeit und die Trunkenheit der Vernunft. Es ist der Wahnsinn des Tages.
Spielerisch und doch souverän kreisen diese Gedichte um gewichtige Themen, um die Präsenz des Anderen im Selbst, um Anwesenheit und Abwesenheit, um Negativität und Transzendenz. Ihr Fluchtpunkt bleibt dabei stets eine mitreißende Affirmation des Lebens und der Sinnlichkeit, ein Lob der Sprache als derjenigen Kraft, welche die Illusion als Wahrheit, das Jenseits als Teil des Diesseits erkennbar macht." -Secession

P.S.: Ihr werdet vermutlich in der nächsten Zeit auch noch einige Rezensionen zu den Büchern lesen, die wir dort gefunden haben, also seid schonmal gespannt. 

RedakteurRedakteur: Kathrin
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