Interview mit Alexandra Kui

Interview

Blaue Seite: Warum schreiben Sie?  


Alexandra Kui: Ich schreibe, weil ich Bücher liebe und selber gerne lese. Es ist toll, in andere Welten einzutauchen. Für mich ist es auch eine Grundvoraussetzung, gerne zu lesen, wenn man schreibt. Ich bin einfach ein unglaublich fantasievoller Mensch. Ich habe schon immer gerne geschrieben. Als ich noch nicht schreiben konnte, habe ich gemalt, nur konnte ich ganz schlecht malen. Dann hat sich herausgestellt, dass ich besser schreiben kann. Ich schreibe einen Text erst mal so, dass er mir selbst gefällt. Wenn andere das dann auch mögen, ist das natürlich toll. Ich würde mich nicht danach richten, wenn andere sagen: „Mach’s doch noch blutiger, dann gefällt es noch mehr Menschen.“


Blaue Seite: Wie schreiben Sie? Haben Sie bestimmte Rituale?  


Alexandra Kui: Ich schreibe immer an verschiedenen Orten. Bei gutem Wetter auch draußen, dabei muss ich aber für mich sein. Wir haben einen Strandkorb im Garten, da schreibe ich auch gerne. Ich höre oft Musik beim Schreiben. Ich mache auch selber Musik, das ist eine weitere Leidenschaft von mir. Ich verbinde mit fast jedem Buch ein bestimmtes Lied. Deshalb würde ich sagen, die Musik ist auf jeden Fall eines meiner Rituale.


Blaue Seite: Haben Sie früher unter der Bettdecke gelesen?  


Alexandra Kui: Ja, ich habe nächtelang unter der Bettdecke gelesen. Ich habe Bücher so sehr geliebt, dass ich die Bücher mit zur Schule genommen und gefragt habe, ob ich aufs Klo gehen darf. Dann habe ich auf der Toilette weitergelesen.


Blaue Seite: Was ist Ihr Lieblingsleuchtturm?


Alexandra Kui: Mein Lieblingsleuchtturm ist der Leuchtturm von Hirtshals, bei dem die Geschichte endet. Der hat eine wunderschöne Form. Es gibt Leuchttürme, die zu dick sind oder zu dünn sind – aber der ist genau richtig. Außerdem ist der ein bisschen nostalgisch und steht auch auf einer schönen Klippe. Man kann die Fähren nach Norwegen beobachten. Ich möchte aber nicht zu viel verraten.

Jetzt verbinde ich natürlich auch meine Geschichte mit dem Leuchtturm und deshalb kommt da kein anderer mehr heran.

Weitere schöne Leuchttürme gibt es zum Beispiel an der Westküste Portugals oder in England. Für mich geht jede gute Reise ans Meer und es wird eigentlich immer ein Leuchtturm besichtigt.


Blaue Seite: Wie oft waren Sie schon in Dänemark?

Alexandra Kui: Also, wir haben zwei Autos und beide haben Namen. Das eine heißt „Scarlett“ und ist ein bisschen divamäßig, dazu haben wir einen Kombi kaufen müssen, weil unser Hund größer geworden ist als geplant, der heißt „Komet“. Der Vorgänger hatte den schlimmsten Autonamen, den wir je hatten, der muss leider geheim bleiben. Aber das Auto hat uns auch wirklich oft geärgert.


Blaue Seite: Wer ist denn „wir“?


Alexandra Kui: Meine Frau und ich.  


Blaue Seite: Sie sagten, dass Sie schon als Kind geschrieben haben. Wer durfte sich das anhören?


Alexandra Kui: Ich habe das selten meinen Eltern gezeigt und habe das ganz lange für mich alleine behalten, bis ich irgendwann Freunde und beste Freunde hatte, denen ich    das gezeigt habe. Jetzt ist meine Frau die Erstleserin. Aber auch sie bekommt nicht alles sofort zu lesen. Und sie ist auch wirklich sehr kritisch. Sie hat ein sehr gutes Gedächtnis. Dann sagt sie manchmal, dass die Figur eben einen dicken grünen Pulli angezogen habe und ihr auf der nächsten Seite plötzlich kalt sei und dass ich erklären müsse, warum. Für solche Sachen ist sie da, aber auch für das Sprachliche. Dann sagt sie manchmal, dass das Wort nicht so schön oder unpassend sei. Ab und zu gibt es da echt Streit, weil ich nicht weiß, ob ihr das Spaß macht.

Alexandra Kui: Dazu ist es eigentlich noch zu früh. Höchstens den Arbeitstitel könnte ich verraten, der lautet „Freiheit X“.


Blaue Seite: Die meisten Ihrer Krimis spielen in Norddeutschland. Was ist für Sie der schönste reale Ort?


Alexandra Kui: Bei mir Zuhause stehe ich gerne am Lüheanleger. Da fließt die Elbe, man kann eine Bratwurst essen, etwas trinken – und ein Leuchtturm ist auch da, wenn auch kein besonders toller. Dann gibt es noch ein sehr einsames Tal, mein Lieblingsort, in dem ich immer spazieren gehe.


Blaue Seite: Beschreiben Sie Buxtehude in drei Worten.


Alexandra Kui: Beschaulich. Heimat. Blöder Name.


Blaue Seite: Wohin ging Ihre weiteste Reise?


Alexandra Kui: Ich glaube, nach Mexiko und in die USA.


Blaue Seite: Wann war das?


Alexandra Kui: In den 90ern war ich viel unterwegs und habe dabei auch als Reisejournalistin gearbeitet. Dazu komme ich im Moment nicht mehr.


Blaue Seite: Wenn Sie drei Menschen, egal ob tot oder lebendig, zum Abendessen einladen könnten: Welche wären das?


Blaue Seite: Was sammeln Sie?


Alexandra Kui: Bücher zählen ja nicht, obwohl ich die auch nicht wirklich sammle. Ich verschenke auch oft welche weiter.

Wir haben Sachen, die sich ansammeln, zum Beispiel Hundeleinen. Aber das bedeutet nicht, dass ich sie wirklich sammle. Sammelt ihr etwas?


Blaue Seite: Zitate.


Alexandra Kui: Das mache ich auch. Ich schreibe in mein Tagebuch auf die rechte Seite, was ich so zu schreiben habe, und auf die linke Seite schreibe ich oft Zitate oder etwas, das ich gehört habe, das mich beeindruckt hat.


Blaue Seite: Im Buch kauft Mika sich ein Spiderman-T-Shirt.

Was gibt Ihnen Mut und Hoffnung?


Alexandra Kui: Auf jeden Fall Leuchttürme. Außerdem die Natur, da fühle ich mich auf eine angenehme Art klein und sehr geborgen. Irgendwie eint mich das auch mit den anderen Menschen, die mal auf das Meer gesehen haben, um da auch in schweren Zeiten Kraft zu finden – irgendwie wie ein Kraftort. Das klingt esoterisch.

Und natürlich geben mir auch Bücher Kraft. In Geschichten mit Figuren, die nicht aufgeben.

Auch Freunde motivieren mich. Da gibt es welche, die echt was durch gemacht haben. Die bewundere ich total. Ein Freund, der übrigens auch Isländer ist, schafft es immer wieder, seine Probleme zu lösen.

Ansonsten noch Musik.


Blaue Seite: Spielen Sie mehr Klavier oder mehr Geige?


Blaue Seite: Aber um wiedergeboren zu werden, muss man vorher sterben.


Alexandra Kui: Das stimmt, darüber habe ich auch mal lange mit einem Freund diskutiert: ob wir unsterblich sein wollen oder ob das Leben erst dadurch an Kraft und Tiefe gewinnt, dass wir wissen, dass es endlich ist. Oder ob es noch mal so schön wäre, wenn man unsterblich sein könnte. Da habe ich eher in Richtung unsterblich tendiert, obwohl man nie weiß, was kommt und wie es wird. Aber das ist auf jeden Fall ein Argument gegen Wiedergeburt.


Blaue Seite: Im Buch „Solange es hell ist“ erfindet Mika ganz lange Ausreden für ihre Geschwister und erzählt ihnen nicht, was wirklich mit der Mutter passiert ist. In welchen Situationen finden Sie es okay zu lügen?


Alexandra Kui: Also, ich bin gar nicht so ein Wahrheitsfanatiker. Wenn sich eine Freundin ein neues Kleid gekauft hat, das sie mega toll findet, und ich finde, sie sieht in dem Kleid aus wie eine Wurst in der Pelle: Dann würde ich ihr weder das sagen, noch dass es das schönste Kleid sei, in dem ich sie je gesehen habe. Aber das ist dann schon eine Art barmherzige Lüge.

Wenn jemand meine ehrliche Meinung hören möchte, finde ich es wichtig, die Wahrheit zu sagen. Ich würde niemals in einer Partnerschaft oder einer Freundschaft, also wenn es wirklich zählt, lügen. Ich finde Lügen in Belanglosigkeiten in Ordnung. Obwohl ich da vielleicht zu lasch bin. Ich hatte einmal einen Freund, den ich ganz toll fand. Deshalb wollte ich, dass der mich auch toll findet. Der hatte alle Filme von den Coen-Brüdern geguckt, war ein totaler Fan. Deshalb habe ich gesagt, dass ich auch alle deren Filme geguckt habe. Das war gelogen und natürlich nicht so schlau, weil er dann anfing, mit mir über die Filme zu reden. Ich hatte natürlich keine Ahnung und er hat das relativ schnell gemerkt. Und er hat mich dann so richtig reingeritten. Das war definitiv nicht okay. Ich denke, wenn es wichtig ist, ist es nicht okay zu lügen.


Blaue Seite: Wer hat Ihnen den Ratschlag gegeben?


Alexandra Kui: Ein älterer Freund, eine Art Mentor, der auch geschrieben hat. Außerdem habe ich immer ein bisschen nach dem Motto „No risk, no fun“ gelebt. Damit kommt man schon ziemlich weit.


Blaue Seite: Wenn Sie selbst einen Autor oder eine Autorin interviewen könnten, wer wäre das?


Alexandra Kui: Ich würde Hanya Yanagihara interviewen. Von der habe ich kürzlich ein Buch gelesen, das ich sehr aufwühlend fand. Außerdem würde ich meinen Lieblingsautor Stewart O’Nan, den ich ja auch schon zum Abendbrot eingeladen hatte, gerne interviewen. Oder einen Bestsellerautor, der richtig reich ist.


Blaue Seite: Wenn Sie von einer Sache ein unbegrenztes Guthaben haben könnten, welche wäre das?


Alexandra Kui: Wahrscheinlich doch Leben – obwohl das eine riskante Wahl ist.


Blaue Seite: Woran denken Sie bei einer Blauen Seite?


Alexandra Kui: Blau ist meine Lieblingsfarbe. Das Meer mag ich auch sehr. Dann natürlich noch an ein leeres Blatt. Im Grunde genommen ist das Meer ja auch ein bisschen wie eine unbeschriebene Seite.


RedakteurRedakteur: Gast, Nike
FotosFotos: Theo
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