Interview mit Christoph Biemann
Christoph Biemann ist Autor, Regisseur und Darsteller und wohl am besten bekannt durch seinen Schnauzer und den grünen Pulli aus der „Sendung mit der Maus“ und der Quizshow „Frag doch mal die Maus“. Für die Blaue Seite hat er sich die Zeit genommen, über Kinder- und Jugendliteratur zu reden.
Interviewer: Mara Ostertag, Sören Mathias
Was ist denn Ihr Lieblingsbuch?
Mein Lieblingsbuch? Schwer zu sagen. Ich finde, dass ist eine Killer-frage (Lachen). Und so spontan weiß ich da keine Antwort, aber was ich sehr gerne gelesen habe, was auch sehr in den Jugendbuchbereich hineinreicht (aber es ist kein richtiges Jugendbuch in dem Sinne) ist von Ray Bradbury „Das Böse kommt auf leisen Sohlen“. Das ist ein super Buch, welches ich sehr gerne gelesen, und auch sehr gerne vorgelesen habe, weil es sehr spannend ist und eine wunderbare Sprache hat. Das finde ich nämlich sehr wichtig bei einem Buch. Dass es sprachlich auch gut ist und es einfach Spaß macht zu lesen.
Also dann eher in die Richtung von Krimis?
Ja. Also ich denke, ein Buch – gerade ein Jugendbuch – sollte es schaffen, die Leser zu packen. Sodass man nach 10 Seiten sagt: „Das will ich weiter lesen. Ich will wissen wie es weiter geht und will wissen, wie es ausgeht.“ Das ist auch eine ganz wichtige Motivation zum Lesen, dass wissen will, wie es weiter geht.
Stimmt, viele Jugendliche packen Bücher ja auch ganz schnell weg und zur Seite…
Das tue ich auch. Da bin ich ganz gnadenlos.
Und dann wird gerne auch mal in der Schule gequält mit Werken von Goethe und Schiller. Was sagen Sie zu Klassikern?
Da gibt es auch schöne Sachen. Ja, es gibt ein paar Klassiker, die richtig toll sind. Jules Verne z.B. Der zählt auch zu den Klassikern. Ich finde es zwar manchmal schon schwierig mit der Sprache und es ist manchmal schon sehr weitschweifend und man würde das heute nicht mehr so schreiben, aber trotzdem macht es noch Spaß, das zu lesen. Es gibt ja auch Nacherzählungen von diesen Büchern, die ziemlich gut sind. Da kann man dann auch mal Jules Verne lesen, ohne dass man sich da quälen muss.
Könnten Sie sich denn vorstellen, mal einen Roman zu schreiben?
Ja, denn ich finde, alles, was erzählt, sehr spannend. Wenn ich für die Maus eine Sachgeschichte mache, ist das ja auch eine Erzählung. Es fängt mit einem Problem an, das man versucht zu lösen. Und es ist auch sehr wichtig, dass man ein schönes Ende findet – genauso, wie bei einem Buch. Die Bücher, die erzählend sind, gehören auch zu meinen Lieblingsbüchern, dann man hat die Chance ein anderes Leben zu leben.
Heißt das, Sie schreiben, neben den Entdeckerbüchern für Kinder, auch gerne privat an Geschichten?
Ich schreibe mal ein bisschen was hier, ein bisschen was da. Aber so, dass ein Roman draus wird ist ja schon eine anspruchsvolle Sache und man macht das nicht grad mal eben nebenbei. Bei den zwei Büchern, welche ja mehr Sachbücher waren, habe ich gemerkt, dass ich vor allen Leuten, die es hinkriegen, ein Buch zu schreiben, großen Respekt habe. Das ist schon was!
Wie wichtig finden Sie es, dass Kinder und Jugendliche Bücher lesen?
Sehr wichtig, weil es die Erfahrungswelt ganz anders erweitert. Es gibt natürlich Fernsehen, – klar, ich arbeite für das Fernsehen- daqs auch einen wichtigen Faktor darstellt. Aber Bücher haben meistens keine Bilder und deswegen regt das Lesen die Phantasie einfach viel mehr an. Wenn ich lese, mache ich mir meine Bilder selber und das kann man einfach nicht ersetzten. Das kann das Fernsehen nicht leisten, weil es eben die Bilder, die im Kopf geschaffen werden, verdrängt. Deswegen finde ich es wichtig, dass Kinder lesen und auch, dass die Eltern vorlesen. Ich habe bei meinem Sohn sehr viel vorgelesen – mindestens jeden Tag eineinhalb Stunden etwa. Das hat nicht dazu geführt , dass er jetzt übermäßig liest – das verlangt ja auch niemand – aber ich denke, wenn man Kindern viel vorliest, dann lernen sie diese Welt kennen und die Möglichkeiten in andere Welten einzutauchen.
Schauen Sie mit ihrem Kind auch die Maus, oder hat ihr Kind die Maus früher einmal geschaut?
Ja, immer noch. Obwohl es ein schwieriges Alter ist. Es gab da Untersuchungen, die besagen: Kinder im Alter is 10/11 Jahren sind die Erstzuschauer und dann geht es weiter ab 17/18 Jahren. Das Alter dazwischen ist schwerer zu erreichen.
Was ist denn Ihr größter Traum, oder was wollen Sie noch erreichen?
Ich würde schon noch gerne einen Roman schreiben z.b. Oder auch einen erzählenden längeren Film drehen. Aber eigentlich lieber einen Roman, weil das Filme-Machen ist schon etwas sehr komplexes und auch ein sehr nervenaufreibendes Geschäft. Auch ein Buch zu schreiben ist nicht einfach, weil man schon sehr mit sich kämpfen muss. Als ich meine beiden Sachbücher geschrieben habe, waren meine Blumen immer wunderbar gegossen (Lachen). Man macht tausend andere Sachen, um auszuweichen und das fordert einfach sehr.
Und zu welchem Genre sollte der Roman etwa gehören?
Ich bin da immer gespalten zwischen Realismus und Fantasie. Also ich finde es immer sehr schön, wenn eine Geschichte in der Realität spielt, aber eben auch darüber hinausgeht, weil man auch mit Gedanken Dinge verändern kann. Manchmal geschehen die Veränderungen auch ohne dass es wirklich ein Wunder gibt und ohne, dass es Zauberei gibt, sondern einfach dadurch, dass man etwas will oder, dass man sich etwas ganz doll wünscht, oder einfach durch Zufall. So etwa in der Richtung, das wäre ganz schön.
Das bedeutet also keine Drachen und andere Fabelwesen?
Genau. Ich finde Geschichten eigentlich immer dann gut, wenn sie in der Wirklichkeit verankert sind, als wenn man durch Fantasy irgendwas erzählt. Es gibt manche Bücher, mit ganz anderen Welten, aber damit kann ich nicht viel anfangen, denn das ist mir dann zu weit weg.
Was hat für Sie eine blaue Seite?
Der berühmte Schmetterling, von dem Buddha träumt. Dessen Innenseiten der Flügel sind blau. Kennt ihr diese Geschichte? Es gibt nämlich so ein Gedankenmodell, bei dem die Leute sagen, dass alles, was wir machen und was wir tun, eigentlich ein Traum von einem Buddha ist. Und dieser träumt von einem blauen Schmetterling, der praktisch alles erschafft, was wir sind und was wir machen. Das hat für mich eine blaue Seite.
Vielen Dank, dass Sie sich für uns Zeit genommen haben.