Presse unter Druck
Was glauben Sie, wie viele Journalisten sitzen weltweit in Haft?
522 Journalist*innen und Medienschaffende sind aktuell im Gefängnis. 522 zu viele. Auch in Deutschland sieht es nicht mehr gut mit der Pressefreiheit aus. Laut den jährlichen Studien von ”Reporter ohne Grenzen” (RSF - Reporters sans frontières) ist die Pressefreiheit seit vorherigem Jahr nur noch zufriedenstellen, aber auch dieses Jahr stürzte Deutschland drei Plätze auf der globalen Rangliste hinab. RSF nennt hierfür drei Gründe: Eine Gesetzgebung, die die Journalist*innen und ihre Quellen gefährdet, eine Zunahme an gewaltsamen Übergriffen gegenüber Journalist*innen und die Abnahme der Medienvielfalt.
Am Donnerstag, den 29. September 2022, fand eine Podiumsdiskussion im Hansemuseum zum Thema “Presse unter Druck: Wie lässt sich die Presse- und Informationsfreiheit in Europa für die nächsten Generationen stärker schützen?” statt”. Nachdem der Moderator das Publikum begrüßte, konnten dieses sich über ihre Handys auf einer Plattform anmelden und an diversen Abstimmungen zum Thema Pressefreiheit teilnehmen. So wurde ermöglicht, dass die Podiumsdiskussion mehr auf die Interessen des Publikums eingehen. Auch die Frage vom Anfang war Teil dieser Abstimmung.
Danach erzählte Lotte Laoire, von “Reporter ohne Grenzen”, von ihrer Arbeit, den Aufgaben von RSF und über die sinkende Pressefreiheit in Deutschland. 80 Angriffe auf Journalisten hat es dieses Jahr in Deutschland gegeben. Zwei Drittel davon ereigneten sich bei Querdenker-Demos. 12 Angriffe kamen von der Polizei.
Nun ging die eigentliche Podiumsdiskussion los. Eingeladen waren Matthias Naß (ehemaliger, Chefredakteur und heutiger internationaler Korrespondent der Zeit), Lara Schulschenk (Spiegel), Hatice Kahraman (Salon5 (CORRECTIV)) und, wie vorhin schon angedeutet, Lotte Laloire (Reporter ohne Grenzen). Moderiert wurde der Abend von Cornelius Gesing. Die Fragen, welche den Gästen im Rahmen der Disskussion gestellt worden waren, stammten vom Europa-Profil der lübecker Friedrich-List-Schule. Unter anderem wurde sich über die folgenden Fragen ausgetauscht: Welchen Umgang erhoffen sich Journalist seitens der EU mit Staaten wie Polen und Ungarn, die keine vollständig freie Presse zulassen? Wie stehen die Podiumsgäste zu Youtubern, die keine ausgebildeten Journalisten sind, aber ja durchaus Gehör finden?
Die Journalist*innen erzählten von eigenen Erfahrungen mit Gewalt, Morddrohungen und Hasskomentaren und ihrem Umgang damit. Das Publikum konnte jederzeit eigene Fragen stellen. Am Ende der Podiumsdiskussion, nach einer offenen Fragerunde wurde Essen und Getränke ausgegeben und man konnte sich mit den Podiumsgästen unterhalten. Insgesamt war das eine sehr gelungene und lehrreiche Veranstaltung. Obwohl ich mir schon vieler Zahlen und Fakten bewusst war, habe ich einiges mitnehmen können. Besonders gut hat mir die Interaktivität der Diskussion gefallen und dass die Fragen von Jugendlichen kamen, die nicht deutlich älter sind als ich.
“Presse unter Druck” war eine Kooperation von Schüler Helfen Leben, SAME und dem Willy-Brandt-Haus Lübeck.