Warum ich schreibe
„Das ist dasselbe, als wenn du mich fragen würdest: Warum essen Sie jeden Tag Schokolade? Schreiben ist für mich die pure Lust. Ich brauche keine Disziplin zum Schreiben. Bei mir ist es eher so, dass ich mich permanent vom Schreiben abhalten muss. Ich würde gerne immer schreiben. Diese unglaubliche Lust am Geschichtenerzählen wird stärker, je länger ich es mache.“
Cornelia Funke, 2010
Warum schreibe ich?
Warum schreibe ich Geschichten auf, warum macht es mir Freude, einen Stift oder den Computer in die Hand zu nehmen, Gedanken niederzuschreiben, Abenteuer zu ersinnen?
Dann ließ der die Seiten sinken. „’Ich schreibe nur, um herauszufinden, was ich denke’“ fing er an. „’Was ich anschaue, was ich sehe, was es bedeutet. Was ich will und was ich fürchte’ Joan Didion.“
„Aha.“
„Und ich glaube“, er tippte mit den Fingern auf die Schreibtischplatte, „wenn man es gut macht, gibt man anderen die Gelegenheit, das ebenso herauszufinden.“
„Äh … klar.“
Aus Dritte Wege von Megan McCafferty
Ist es das? Ist es die Besessenheit oder der Versuch seine Gedanken zu ordnen?
Bei mir trifft wohl seit einiger Zeit eher das letztere zu. Ich schreibe seltener für andere, meine Abenteuer in fantastischen Welten habe ich beiseitegelegt.
Was ich jetzt schreibe ist ein Haufen von sinnlosen Kritzeleien, in mehr als zehn verschiedenen, unvollendeten Notizbüchern. Keine Tagebucheinträge, dafür sind sie viel zu zusammenhangslos und unregelmäßig. Ich habe begonnen, Gedichte zu sammeln, Buchzitate herauszuschreiben und mich wohl intensiver mit dem Schreiben zu beschäftigen, als ich es je in meinen Geschichten auf stürmischen Inseln, trockenen Wüsten und kaltgrauen Landschaften getan habe.
„Das Ziel des Schreibens ist es, andere sehen zu machen.“
Joseph Conrad (1857-1924)
Ist das der Grund, warum ich schreibe? Die Liebe zu den Wörtern, der Wunsch nach Erinnerung, der Versuch anderen erklären zu können, was man denkt?
„Wer für sich selbst schreibt, schreibt für ein ewiges Publikum.“
Ralph Waldo Emerson (1803-82)
Vielleicht ist es tatsächlich der Wunsch nach Erinnerung im Angesicht der Unendlichkeit.
Vielleicht ist es aber auch viel, viel weniger philosophisch.
„Beim Schreiben ist es wie bei der Prostitution. Zuerst macht man es aus Liebe, dann für ein paar Freunde und schließlich für Geld.“
Molière (1622-73)
Wird heute nur noch aus Geldgier, aus Ruhmsucht geschrieben? Schreibe ich wegen der Möglichkeit über Nacht zum Wunder zu werden? Millionen verkaufter Bücher, Filme, den Namen in aller Munde?
Was ist der Antrieb, die Kraft, weiterzuschreiben, ein Werk zu vollenden, die richtigen Wörter zu finden?
„Was will denn der vernünftige Schriftsteller, und was kann er wollen? Nichts anderes, denn eingreifen in das allgemeine und öffentliche Leben und dasselbe nach seinem Bilde gestalten.“
Hubert Fichte (1935-86)
Ist es also der Wunsch, Einfluss nehmen zu können? Der Wunsch, seine eigene Meinung zu verbreiten, Anteil zu nehmen, Wichtigkeit zu erlangen.
Es kann alles sein.
Aber Schreiben, gutes Schreiben ist wohl vor allem ein Wunsch, eine Sehnsucht, ein Versuch.
Nach Anerkennung.
Nach Ruhm.
Nach Einfluss.
Nach Ewigkeit.
Nach einer anderen Welt.
Nach Erklärung.
Nach Sinn.
Oder auch nicht?
„Öffne dein Herz dem Schreiben. So kannst du dich vor jeder Art von Arbeit schützen.“
Ägyptischer Schriftgelehrter, um 2400 v.Chr.