Der Schatten des Windes
Der Schatten des Windes
06. Oktober 2016
von Clara
4 Sterne
Clara Jahrgang 1998 Redaktion Lübeck
hat 4 Sterne vergeben

"Es gibt schlimmere Gefängnisse als Worte…“

Der junge Daniel lebt in den 50ern im grauen Barcelona des Franco-Regimes. Als er zufällig auf den Roman „Der Schatten des Windes“ stößt und beschließt, mehr über dessen verschollenen Autoren Julian Carax herauszufinden, ahnt er zunächst nicht, dass er dabei auf Geschichten stoßen könnte, die besser unentdeckt geblieben wären. Bald sind ihm nicht nur der Polizeiinspektor Barcelonas auf den Fersen, sondern auchein vom Feuer entstellter Fremder, der offenbar alle Bücher von Carax zu vernichten versucht. Daniel gerät immer tiefer in ein Netz aus Verstrickungen, Geschichten und Lügen, in denen sein Leben mit dem des Autoren und der Handlung seines Romans zu verschmelzen scheint.

Es gibt wenige Dinge, die befriedigender sind als ein rundum gelungenes Buch. Ohne sich je in überlangen Beschreibungen und Metaphern zu verlieren, lässt der atmosphärisch dichte Schreibstil das Nachkriegs-Barcelona in seiner Schönheit und Traurigkeit lebendig werden und erzählt Geschichten, in denen keiner unschuldig und doch fast jeder irgendwie im Recht ist.
Zafon erschafft ein vielschichtiges Ensemble von Figuren, in dem jedem Charakter, ungeachtet seiner „Wichtigkeit“ ein eigener Charakter zugesprochen wird. Während der Leser mit Daniel immer nur an den Rändern entlang stolpert, verschwinden sie und tauchen wieder auf, um schließlich ihren Platz im „großen Ganzen“ einzunehmen.
Dieser geschickten Komposition und den authentischen Figuren ist es auch zu verdanken, dass sich die insgesamt realistisch gestaltete Handlung gelegentliche Ausflüge ins groschenromanhafte leisten kann – die sonst oft albernen Schauerpassagen steigern das Lesevergnügen eher noch und würzen die wendungsreiche Handlung.
Spannend komponierte Geschichte, schöner Stil und liebenswerte, komplexe Figuren, viel mehr kann man sich kaum wünschen. Trotzdem soll gesagt sein, dass man den „Schatten des Windes“ wohl eher nicht in der Jugendbuchabteilung findet. Aufgrund bestimmter Themen und der von hinten aufgerollten Geschichte, die zwar Spaß macht, aber auch etwas Geduld fordert, ist das Buch vor allem eine Empfehlung für leseerfahrene Teenager und Erwachsene.

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