Vor 16 Jahren, 2004, erschien Christopher Paolinis Debüt "Eragon": Das Vermächtnis der Drachenreiter als erster Teil der Tetralogie. Was als Geheimtipp anfing, erlangte schnell Hohe Verkaufszahlen und, wichtiger: große Beliebtheit. Die sich bis heute gehalten hat. Die Frage ist nur: Warum?
Zuerst: Der Inhalt ist schnell zusammengefasst. Ein Bauernjunge (Eragon) findet im Wald einen mysteriösen blauen Stein, nimmt ihn mit nach Hause und wird über Nacht zum Drachenreiter – und ist damit einer der letzten Angehörigen dieses uralten Zusammenschlusses, der vor vielen Jahrhunderten den Kontinent Alagaesia als Wächter und Hüter, genauso wie als Magier, Wissenschaftler und Heiler bewohnte und beschützte. In der erzählten Gegenwart ist diese goldene Zeitalter allerdings nur noch eine schöne Geschichte: der Wahnsinnige Galbatorix hat die Drachenreiter unterworfen und beinahe das gesamte Land unter seine Herrschaft gebracht. Eines kommt zum anderen und bald befindet Eragon sich mit der frisch geschlüpften Saphira auf Reisen quer durch den Kontinent und während Eragon sich zuerst am Imperium für den Mord an seinem Onkel rächen will, beschließt er bald, sich einer Widerstandsgruppe anzuschließen; als Mentor begleitet sie der Geschichtenerzähler des Dorfes. Auf diesem Weg findet Eragon Freunde und Verbündete, lernt die Gabe der Magie einzusetzen und kämpft gegen einen Schatten. Er verliebt sich in eine Elfe, muss einen schmerzhaften Verlust hinnehmen und denkt über die Moral von Töten und Krieg nach.
Der Plot ist rund, die Sprache irgendwie angenehm, aber warum…
Warum liest Eragon sich für mich angenehmer und schneller als ein für die moderne Fantasy wegweisendes Meisterwerk wie Licht und Schatten von Zoran Drvenkar?
Warum greife ich, wenn ich in Nostalgie schwelgen will, zu Eragon, der sich das Brett meiner Lieblingsbüchern mit einem Genie wie Terry Pratchett teilt?
Warum möchte ich, wenn ich einen Freund suche, von Eragon lesen, der mir über ein langsam erzähltes Kapitel vorgestellt wird und lasse mich nicht in ein Gedicht von Leonard Cohen fallen, dessen Personen ich nach zwei Versen glasklar vor Augen habe?
Die Antwort ist: ich weiß es nicht. Und anders als bei meinen anderen Lieblingsbüchern habe ich auch kein Bedürfnis die Drachenreiter-Geschichten zu verteidigen. Ich sehe ein, dass der Plot arg von der Star-Wars-Heldenreise inspiriert ist. Und ich glaube den Nerds, die mir darlegen, wie Paolini von Tolkien abgekupfert hat.
Aber ich stehe dazu.
Die Liebesgeschichte war die, die mich davon überzeugt hat, warum in aller Welt Menschen darauf kommen könnten, es sei spannend zu lesen, wie sich zwei Menschen kennenlernen (oder ein Mensch und eine Elfe!). Spontan würde ich sagen, dass ihr ungefähr zwei Kapitel pro Buch gewidmet sind, was sie unglaublich langsam und Gefühlvoll, nachdenklich macht – sie wirkt so echt!
Und Eragon…ist und bleibt mein Freund. Alle Figuren sind es. Und was auch immer über sie gesagt wird – stecken sie in Schwierigkeiten, werde ich da sein und den rettenden Zauberspruch singen. Und das ist mir, zurück in der Realität, auch wenn ich es nicht erklären kann, mehr Wert, als erklären zu können, warum ich eine Person „spannend“ finde, oder „mich in ihr sehe“.
Und schlussendlich war das Buch mein Einstieg ins Fantasy-Multiversum. Hätte ich nicht damals den zweiten Band auf gut Glück aus dem Regal der Bücherei gezogen, hätte ich niemals meine Leidenschaft für die Scheibenwelt aus Geschenkpapier gewickelt, hätte ich niemals ein Regalbrett mit den WarriorCats Bänden 1-20 in meinem Zimmer und verdammt: wüsste ich bis heute nicht, dass es wahrer Liebe egal ist, wenn man zuerst den zweiten und dann den vierten Band liest!
Lest das Buch.
Als Übergang zwischen dem Magischen Baumhaus und dem Herrn der Ringe.
Als Einstiegsdroge in die Fantasy.
Oder auf der Suche nach Freunden.
Denkt nicht über das Buch nach, stört euch nicht daran, dass Dracheneier unter Wasser physikalisch nicht schlüpfen dürfen könnten – genießt das Buch.
Erlaubt euch, es zu mögen.