Interview mit Vincent Burmeister
Bei der Buchmesse in Frankfurt 2013 hatten Mara und Bjarne die Gelegenheit Vincent Burmeister zu interviewen. Die Blaue Seite hatte „Kriegszeiten“ für den deutschen Jugendliteraturpreis nominiert.
Blaue Seite: Sie waren mit Ihrem Buch für den Jugendliteraturpreis nominiert, haben ihn aber nicht gewonnen. Waren Sie bei der Preisverleihung anwesend? Wie haben Sie auf die endgültige Wahl reagiert – waren Sie enttäuscht?
Vincent Burmeister: Ja, ich war da. Enttäuscht war ich nicht. Aber auch nicht zufrieden, da ich das Gewinnerbuch nicht gelesen habe. Lieber: Da ich das Gewinnerbuch nicht kenne, kann ich aber auch nicht sagen, ob ich die Wahl gut finde.
Aber natürlich habe ich mich über die Nominierung gefreut, da ich die Begründung sehr schön fand.
Blaue Seite: Wie hat es sich ergeben, dass Sie zusammen mit David Schraven „Kriegszeiten“ geschrieben haben? Wie kamen Sie auf dieses Thema?
Vincent Burmeister: Also: David ist Journalist und er hat schon viel zu dem Thema Afghanistan geschrieben. Er war auch bereits zweimal dort. Mittlerweile hat es ihm nicht mehr ausgereicht, das Thema journalistisch zu verarbeiten. Dann kam ihm die Idee mit dem Comic. Da wir schon mal einen Comic zusammen gemacht haben, hat er mich wieder angesprochen.
Blaue Seite: Wie hat die Zusammenarbeit funktioniert und wie lange hat das Projekt gedauert?
Vincent Burmeister: David hatte schon den ungefähren Ablauf der Geschichte in einem Notizbuch. Ich habe dann überlegt, was ich aus dem Rohmaterial machen kann und ca. sieben Monate gezeichnet.
Blaue Seite: Hat David viel Text geschrieben?
Vincent Burmeister: Nein, etwa eine Notizblockseite pro Comicseite.
BlaueSeite: Können Sie sich vorstellen, das Buch zu verfilmen, z. B. als Animationsfilm?
Vincent Burmeister: Ja, das geht, auch wenn es schwer ist. Wenn sich Geldgeber fänden, würde ich das machen.
Blaue Seite: Wie sah denn Ihre persönliche Recherche zu dem Thema aus?
Vincent Burmeister: Ich habe natürlich viel Bildrecherche betrieben. Vor allem mit Bundeswehrausrüstung hatte ich viel zu tun. Natürlich habe ich auch recherchiert, wie es in Afghanistan aussieht, damit ich die Hintergründe besser verstehe.
Blaue Seite: Waren Sie auch mal persönlich da?
Vincent Burmeister: Nein, das ist bei einem Comic-Budget leider nicht drin.
Blaue Seite: Wie war das Feedback, als das Buch veröffentlicht wurde? Das Thema wird in der Gesellschaft sehr kritisch behandelt.
Vincent Burmeister: Mein Vater meinte, dass das ja vielleicht mal in die Schule kommt. Aber ich denke, dass dauert mindestens noch zehn Jahre, da im Unterricht nach dem 2. Weltkrieg Schluss ist. Und wer die Griechen in voller Länge behandelt, der kann nicht bis in die Gegenwart kommen.
Aber ich habe auch Post von einem Ex-Soldaten bekommen, der das Buch ganz klasse fand und froh war, dass so ein Thema in einem Buch behandelt wird.
Auch die Medien haben viele Artikel geschrieben, was eher ungewöhnlich ist für eine Graphic Novel. In der TAZ war sogar ein Bild aus dem Buch auf der Titelseite abgedruckt.
Blaue Seite: Glauben Sie, dass Kriegszeiten das Thema Afghanistan wieder in die Gesellschaft bringen?
Vincent Burmeister: Ja ich denke schon. Und die TAZ ist eine Zeitung, die sich noch am ehesten mit solchen Themen beschäftigt. Aber es ist ein kleines Teil von einem ganz großen Puzzle.
Ich glaube, dass das einer der ersten Schritte der Aufarbeitung ist, die kommt und kommen muss.
Blaue Seite: Glauben Sie, dass wir uns zu wenig mit dem Thema beschäftigen?
Vincent Burmeister: Zu wenig glaube ich nicht. Das „Wie“ ist entscheidender. Die Bundeswehr, die Medien und die Politik haben versucht, das Ganze wie eine Kaffeefahrt darzustellen. Und die Leute hier in Deutschland haben das doch auch geglaubt. Die Bundeswehr fährt dahin, baut Brunnen: Das ist doch eigentlich eine Supersache. Dann kann man das abhaken und muss sich nicht weiter damit beschäftigen.
Blaue Seite: Also wollten Sie auch ein bisschen aufrütteln?
Vincent Burmeister: Ja, schon. Diese mediale und politische Verlogenheit geht mir auf den Keks. Da hat es mich gefreut, mit einem Comic dagegen angehen zu können.
Blaue Seite: Also hatten Sie auch keine bestimmte Zielgruppe?
Vincent Burmeister: Nein, überhaupt nicht. Klar war ich froh, dass es für den Jugendliteraturpreis nominiert wurde. Aber an sich eignet es sich für alle Altersklassen.
Blaue Seite: Wieso haben Sie sich beim Zeichnen für diese markanten Farben entschieden?
Vincent Burmeister: Es gibt ja nur die zwei Farben: das Blutrot und schmutzige Ockergelb.
Das Gelb steht für die Ödnis und Langeweile, wenn die Soldaten nichts zu tun haben und im Lager warten. Und das Blutrot steht dafür, wenn es plötzlich losgeht. Und mit dem Schwarz zusammen hat man ja auch Schwarz, Rot, Gold. Es werden also mehrere Ebenen bedient.
Blaue Seite: Haben Sie das auf Papier gezeichnet oder am PC?
Vincent Burmeister: Ich bin da eher klassisch: Ich mache die Vorzeichnungen und die Schwarz-Weiß-Zeichnung mit der Hand. Den Rest zeichne ich am Computer. Bei Kriegszeiten habe Ich den Computer zur Kolorierung benutzt. Auch wenn ich normalerweise kein Fan von Comics bin, die am Computer gezeichnet wurden.
Blaue Seite: Planen Sie weitere Projekte mit David?
Vincent Burmeister: David ist gerade wieder mit einem Comicprojekt beschäftigt, aber ich mache leider gerade etwas anderes.
Blaue Seite: Dürfen wir fragen, was?
Vincent Burmeister: Einen französischen Mafia-Comic.
Blaue Seite: Wie sieht Ihr persönlicher Werdegang aus?
Vincent Burmeister: Als kleiner Junge wollte ich Feuerwehrmann werden. Und dann noch viele andere verschiedene Sachen. Aber was ich immer gemacht habe, war halt zeichnen. Durch viele verschiedene Zufälle und den nötigen Willen hat es dann geklappt, das zu meinem Beruf zu machen.
Blaue Seite: Welche Bedeutung hat für Sie eine blaue Seite?
Vincent Burmeister: Meine Haare hatten ziemlich lange eine blaue Seite. Und neben Schwarz ist es meine Lieblingsfarbe.
Blaue Seite: Vielen Dank für das Interview.
Vincent Burmeister: Ich danke auch.