Interview

Interview mit Susanne Clay

die-blaue-seite.de: Wann und wieso haben Sie mit den Schreiben angefangen?

Susanne Clay: Ehrlich gesagt habe ich es schon immer getan. Mein erstes „Werk“ habe ich mit sieben Jahren vollendet, es war ein Weihnachtsgeschenk für meinen Vater. Der Titel lautete „Susis schöne Märchenwelt“ (lacht) Ich bin ganz froh, dass es nie veröffentlicht wurde. Es wäre schon peinlich, wenn herauskäme, dass die beiden Prinzen in der Geschichte genauso hießen wie die beiden Jungen, in die ich damals verliebt war.

 
Wie sind Sie auf das Thema Alkoholismus in ihrem Jugendroman „Voll“ gekommen?

Nun, es ist ein sehr präsentes Thema. Ich glaube kaum, dass es auch nur eine einzige Familie gibt, bei der im näheren Bekanntenkreis nicht mindestens ein Alkoholiker vorzufinden ist. In meiner Familie gab es auch zwei, aber damals habe ich das noch nicht wirklich realisiert und auch von Co-Abhängigkeit wusste ich noch nichts.
Aber die Idee, über Alkoholismus zu schreiben, kam nach einem Spaziergang durch Köln. Dabei habe ich auf der Straße einen stark alkoholisierten Mann gesehen. Alle Leute sind einfach an ihm vorbeigegangen. Das hat mich dazu bewegt, eine Kurzgeschichte über diesen Mann zu schreiben.
Mit dem Thema Sucht habe ich mich immer wieder auch in meiner Arbeit mit Jugendlichen auseinander gesetzt, auch in dem folgenden Roman geht es ja um Sucht, um Ecstasy und sogenannte Partydrogen. Weil ich mich viel mit dem Thema Alkoholismus auseinandergesetzt habe, überlegte ich irgendwann, eine komplette Geschichte darüber zu schreiben: Meinen ersten Roman „Voll“.

Schreiben Sie jeden Tag?

Nein, ich schreibe nicht täglich, und deswegen kann ich auch nicht sagen, dass man das unbedingt machen muss. Dennoch habe ich immer Papier und Stift dabei, ohne die ich mich irgendwie nicht richtig angezogen fühle.
Und wenn man nicht jeden Tag schreibt, ist es trotzdem eine gute Übung, die Leute in seiner Umgebung zu beschreiben. Einmal im Zug habe ich einen Mann gesehen mit einem dicken Siegelring und einem Seitenscheitel, als wäre er gerade dem Dritten Reich entsprungen. Möglichst unauffällig habe ich dann auf kleinere Details geachtet wie: „Spreizt er beim Trinken den Finger mit dem Siegelring ab?“
In dieser Übung liegt viel drin vom Leben – und das kann beim Schreiben ja nur nützlich sein.

 
Haben Sie noch weitere Tipps für junge Autoren?

Das Wichtigste für eine Geschichte sind die Figuren, die Säulen der Geschichte, ohne die das Ganze nicht funktionieren würde. Der Autor selbst muss seine Figuren sehr gut kennen, muss zum Beispiel wissen, wie sie aussehen, was ihre Macken, Träume, Wünsche und Ziele sind. Auch wenn ein paar dieser Dinge nicht mit in die Geschichte einfließen, kann ein Autor nicht über die Figur schreiben, wenn er die Details nicht kennt.
Man muss in seinen Geschichten auch nicht immer jede Gefühlsregung beschreiben, sondern kann starke Bilder nehmen. Wenn die Leute Einsamkeit beschreiben sollen, schreiben sie oft über einen See oder einen Waldweg. Das klingt auch besser als wenn man schreibt: „ ... und er war sehr einsam.“ Der Leser braucht keine Beschreibung, er braucht ein Gefühl.
Außerdem wäre es sinnvoll, in eine Autorengruppe zu gehen. Es ist wichtig, sich über seine Geschichten auszutauschen, Feedback zu erhalten. Dabei ist das Genre erst einmal völlig egal, ob man nun wie ich sehr realitätsnah schreibt oder aber auch Fantasy oder Science Fiction. Man muss seinen eigenen Stil finden, der die Geschichte zu dem macht, was sie ist. Zu guter Letzt darf man sich nicht von Zurückweisung abschrecken lassen. Das passiert selbst den Besten.

RedakteurRedakteur: Saskia
FotosFotos: Daria
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