Jacob Reckless stirbt.
Und zwar bald, wenn er nichts dagegen unternimmt. Der Fluch der roten Fee, den er auf sich genommen hat um seinen Bruder Will zu retten, gibt ihm nur noch wenig Zeit. Sechs Mal wird die Motte auf seiner Brust zu beißen, dann ist es vorbei. Fieberhaft durchforstet Jacob, gemeinsam mit seiner treuen Gefährtin Fuchs, die Spiegelwelt, das Land der Märchen, nach einem Gegenmittel. Doch weder das Blut eines Flaschengeistes noch der Brunnen der ewigen Jugend helfen. Seine letzte Hoffnung ist eine Armbrust, die, wenn sie von einem Liebenden auf seinen Geliebten geschossen wird, Tote zum Leben erweckt haben soll.
Aber diese Armbrust ist eine gefährliche Waffe, die ganze Völker auslöschen können soll. Und in den kriegerischen Zeiten, die in der Spiegelwelt herrschen, ist er nicht der einzige Schatzjäger, der sich auf die Suche nach der Armbrust macht.
Cornelia Funke entführt den Leser wieder einmal in die faszinierende Welt der Märchen. Doch die Zeiten der Gebrüder Grimm sind vorbei. Die Industrialisierung bahnt sich an, Technik löst die Magie ab und am Horizont ziehen sich drohend die Wolken für einen Krieg zusammen, den es in dieser Form noch nie in der gegeben hat. Das ist die große Stärke des Romans.
Cornelia Funke besitzt ein meisterhaftes Gespür dafür, feine Parallelen zu ziehen, die das Lesen zum Vergnügen machen. Verbindungen zwischen der Spiegelwelt und der Realität, leise Anspielungen auf frühere Romane und die altbekannten Märchen, die sich unaufhaltsam der Moderne entgegen bewegen. Die Atmosphäre des Romans, die Welt, ihre Bewohner, alles zieht den Leser von der ersten Seite an in den Bann.
Doch ein großes Defizit besitzt der Roman: Die Handlung. Viel zu sehr erinnert sie an einen Film-Plot, viel zu berechenbar sind Held und Gegenspieler. Jede noch so kleine Geschichte, die Cornelia Funke nur nebenbei erwähnt, scheint spannender zu sein als Jacobs Abenteuer. Das Gefühl zu wissen, wie es weiter geht, verschwindet erst gegen Ende, als es plötzlich unglaublich spannend und mitreißend wird. Solch eine Spannung und Unberechenbarkeit hätte ich mir für das ganze Buch gewünscht.