Interview mit Josephine Angelini

Interview

Blaue Seite: Zunächst einmal danke für das Interview. Ich weiß, dass Ihr Baby auf dem Weg ist und bin wirklich sehr dankbar, dass Sie sich trotzdem Zeit für mich nehmen.

Josephine Angelini: Das ist so süß von dir. Ja, ich bin wirklich sehr, sehr schwanger. Es kann jeden Tag kommen. Aber ich fühle mich super, also macht es mir nichts aus, aufzustehen um mit dir zu sprechen.

Blaue Seite: Das ist gut. Ihr neues Buch heißt „Everflame“. Woher kam die Idee zu diesem Roman?

Josephine Angelini: Die Idee für „Everflame“ hatte ich eines Nachts, als ich einfach nicht schlafen konnte. Da kam der Gedanke: Was würde passieren, wenn ich mich selbst treffen könnte? Und ich habe mir vorgestellt, dass ich mit dieser anderen Version von mir richtig aneinander geraten würde und wir sogar schlimmste Feinde werden könnten. Außerdem habe ich dabei an Magie gedacht und daran, dass mein zweites Ich eine Hexe sein könnte – eine böse Hexe noch dazu! Von da an hat die Geschichte sich entwickelt.

Blaue Seite: In dem Roman gibt es eine unendliche Anzahl paralleler Universen. Trotzdem leben in jedem die gleichen Personen, nur mit anderen Charakterzügen. Was würden Sie hoffen, dass Ihre Doppelgängerin besser macht?

Josephine Angelini: Ich wünschte, sie könnte besser mit Skype umgehen (lacht). Nein, ich dachte dabei nicht an böse oder gute Menschen. Lillian ist z. B. zunächst eine teuflische Hexe. Aber es geht mehr um die Umstände, darum, was für eine Wahl einem eigentlich bleibt. Die Frage, wo man herkommt und wo man hingeht. Es ist wie ein Kampf zwischen Charakter und Erziehung. Und es geht darum zu verstehen, dass selbst schreckliche Entscheidungen, die Menschen treffen, vielleicht die einzige Wahl sein kann, die ihnen noch bleibt. Es ist einfach, zu sagen: „Du sollst nicht stehlen!“, oder: „Gewalt ist keine Lösung!“. Ich wünsche mir eine differenziertere Sicht auf diese Dinge. Verstehst du?

Blaue Seite: Ja! Glauben Sie also, dass jede Person gut sein kann, wenn sie in entsprechenden Umständen leben?

Josephine Angelini: Ich glaube grundsätzlich daran, dass die Menschen versuchen, gut zu sein. Nur ein sehr kleiner Teil der Bevölkerung ist wirklich böse. In meinem Roman habe ich zwei Bösewichte: Gideon und Carrick. Aber die einzig wirklich böse Person ist Carrick. Und er ist böse, weil er nicht mit Menschen mitfühlen kann. Er kann auch keine Beziehungen zu Menschen aufbauen.

Vielleicht bin ich auch einfach nur ein Optimist. Aber ich glaube, dass Menschen, denen die Wahl freisteht und das auch erkennen, den richtigen Weg wählen würden.

Blaue Seite: Welches Buchcover magst du lieber: das amerikanische oder das deutsche?

Josephine Angelini: Ich habe die deutsche Version sogar hier stehen! (Holt das Buch hervor.) Ich glaube, mir gefällt das amerikanische besser. Schau mal, die Schrift ist so schön. Ich mag einfach Dinge, die so funkeln (lacht). Aber ich mag auch die Art und Weise, wie die deutschen Bücher der Trilogie alle zusammenpassen. Siehst du? (Zeigt alle drei Bücher der „Everflame“-Trilogie.)

Blaue Seite: Haben Sie einen Lieblings-Leseplatz?

Josephine Angelini: Ich lese gerne in meinem Bett, bevor ich schlafen gehe. In meinem Wohnzimmer habe ich einen riesigen Ledersessel, das ist auch der perfekte Ort zum Lesen.

Blaue Seite: Sie haben diese Frage bereits beim letzten Interview beantwortet, aber vielleicht möchten Sie jetzt eine andere Antwort geben: Woran denken Sie, wenn Sie von der „Blauen Seite“ hören?

Josephine Angelini: Bei der Farbe Blau denke ich sofort an den Himmel.

Blaue Seite: Das klingt schön. Vielen Dank also für Ihre kostbare Zeit!

Josephine Angelini: Danke auch dir, es war schön, mit dir zu skypen.

Blaue Seite: Und alles Gute für Ihr Baby!

Josephine Angelini: Danke. Hab einen schönen Tag. Oder besser eine schöne Nacht!

Zuvor hatte die Blaue Seite Josephine Angelini bereits für ein Interview getroffen.

Blaue Seite: Du hast Theaterwissenschaften studiert. Warum hast du dich dafür entschieden, obwohl man mit diesem Studium nicht die besten Zukunftschancen hat?

BS: Tagebuch schreibst du mit der Hand. Ändert sich dein Schreibstil, wenn du dagegen am Computer schreibst?

Josephine Angelini: Ja, ich glaube, das ist tatsächlich so. Bei diesen beiden Arten des Schreibens hat man eine unterschiedliche Beziehung zum Geschriebenen. Zum einen kann man nicht so schnell schreiben, wenn man mit der Hand schreibt und man will auch nicht so viel durchstreichen. Am Computer schreibt man schneller und kann alles wieder löschen. Manchmal schreibe ich auch „Blablablabla Ich weiß nicht was ich schreiben soll“. Das kann man nicht machen, wenn man per Hand schreibt. Man muss zuerst wissen was man erzählen will. Also hat sich mein Schreibstil schon verändert, seit ich am Computer arbeite.

BS: Wie viel schreibst du am Tag?

Josephine Angelini: So zwei bis drei Stunden morgens. Dann mache ich eine Pause und denke darüber nach, was ich geschrieben habe, und am Abend schreibe ich dann nochmal so zwei bis drei Stunden. Also schreibe ich fünf bis sechs Stunden täglich – länger kann ich nicht sitzen.

BS: Hast du denn das Privileg, vom Schreiben leben zu können oder arbeitest du, wie während des Studiums, nebenbei?

Josephine Angelini: Ich kann inzwischen vom Schreiben leben. Ich habe mir das alles hart erarbeitet. Während des Studiums habe ich u. a. als Kellnerin gearbeitet. Aber solche Nebenjobs muss ich jetzt seit einiger Zeit nicht mehr machen.

BS: Wie lange hast du an der Göttlich-Trilogie geschrieben?

Josephine Angelini: Beim ersten Buch habe ich in etwa acht Monate zum Schreiben gebraucht, dann ungefähr drei bis vier Monate zum Nachbearbeiten. Ich brauche ein Jahr, um ein Buch zu beenden. Das schließt auch schon die Zusammenarbeit mit dem Lektor ein.

BS: Passiert es dabei oft, dass du einen geliebten Part deiner Geschichte streichen musst?

BS: Fans finden es natürlich toll, wenn der Autor selbst das Drehbuch schreibt.

Josephine Angelini: Wenn der Autor es selbst schreibt, wird nicht viel an der Geschichte geändert. Und wenn er wenigstens mit einbezogen wird, behält die Handlung das Grundgefühl. Ich kenne das ja selbst: Manchmal sehe ich Film-Adaptionen und denke: „Das ist im Buch nie geschehen, warum passiert das jetzt im Film?“ Beim „Percy Jackson“- Film haben sie zum Beispiel vieles geändert, was große Auswirkungen auf die Handlung hatte. Es war deshalb auch nicht mein Lieblingsfilm. Aber ich liebe die Bücher.

BS: Wurdest du denn auch schon einmal mit der Percy Jackson- Reihe verglichen? Beide handeln ja schließlich von der griechischen Mythologie.

Josephine Angelini: Ein wenig. Einige Leute beschreiben mein Buch so: „Es ist wie Percy Jackson, nur für Mädchen. Aber für ältere Mädchen“. Und dann versuchen sie, es zu beschreiben: „Aber es ist anders, es handelt von der Ilias und nicht wirklich von der Mythologie“. Dann geht es weiter mit: „Eigentlich ist es gar nicht wie Percy Jackson“. Ich finde, wir erzählen einfach komplett andere Storys.

BS: Wir haben gelesen, dass du neben der Ilias Romeo und Julia gelesen hast. Als du dann die erste Idee für die „Göttlich“-Bücher hattest, meinte dein Ehemann, es sei deine Aufgabe, darüber zu schreiben.

Josephine Angelini: Ja, das stimmt. Ich sagte zu ihm: „Schatz, die Ilias ist wie die Story von Romeo und Julia. Warum hat noch niemand die Ilias aus Sicht der zwei Liebenden erzählt, die den Krieg ausgelöst haben?“ Und er antwortete: „DU solltest darüber schreiben.“ Manchmal hilft es, kreative Menschen in seinem Leben zu haben. Es ist nicht so, dass sie dir mit Ideen helfen. Aber sie unterstützen dich und ermutigen dich, etwas Bestimmtes zu schreiben. Und das funktioniert, weil sie kreative Menschen sind und deine Ziele verstehen. Wer Autor werden will, muss sich mit vielen verschiedenen kreativen Menschen umgeben. Menschen, die verstehen, was kreative Arbeit bedeutet.

BS: Glaubst du, es existiert so etwas wie eine Bestimmung im Leben?

Josephine Angelini: Da bin ich hin und her gerissen. Haben wir ein Schicksal? Ich meine, in meinem Buch geht es sehr viel um Schicksal und Glaube. Viele meiner Charaktere kämpfen gegen ihr Schicksal. Sie wollen nicht daran glauben, dass sie eine Bestimmung haben, denn wofür lebt man dann? Wenn es etwas gäbe, zu dem du bestimmt wärst und das würde egal was passiert ohnehin eintreten: Wofür wäre das dann alles? Man muss mutig sein und sich seiner unbekannten Zukunft stellen. Kennt ihr dieses seltsames Gefühl, wenn man denkt: „Moment mal! Genau dazu wurde ich geboren. Und das ist die Person, mit der ich mein Leben verbringen soll.“ Wenn es sich wie Schicksal anfühlt? Dann gibt es etwas in mir, das dieses Gefühl bekämpft und sagt: „Nein! Ich suche mir mein Leben aus und niemand anders!“ Es ist wirklich schwierig.

BS: Die Familie spielt für deine Hauptcharaktere Helen und Lukas eine große Rolle. Wie sieht das bei dir aus? Du hast ja auch eine ziemliche große Familie und bist die Jüngste von deinen sieben Geschwistern.

Josephine Angelini: Ja, genau. Ich habe sechs Schwestern und einen Bruder. Jeder fragt mich immer, warum in meinen Büchern so viele Charaktere vorkommen. Und ich meine dann immer: „Das ist nicht viel. Zwanzig Leute in der Familie sind doch normal.“ Ich übernehme aber auch immer wieder Details aus meiner Familie in meine Bücher. In meinem ersten Buch war eine Szene, in der Noel aus der Küche geschrien hat, dass das Abendessen fertig sei. Und sie war so beschäftigt, dass sie sich an Lukas Namen nicht erinnern konnte und ihn mit dem Namen seines Bruders rief – genauso ist meine Mutter.

BS: Sehen sich deine Familienmitglieder ähnlich?

Josephine Angelini: Nein, überhaupt nicht. Wir sind alle groß und haben dasselbe Lachen, aber das war's auch schon. Selbst mein Mann meint immer: „Deine Familie sieht sich überhaupt nicht ähnlich. Seid ihr sicher, dass ihr alle dieselben Eltern habt?“ Und wir dann immer: „Ja, auf jeden Fall.“ Ich habe „Familie“ zu einem Hauptthema in meinen Büchern gemacht, nicht nur, weil es für mich selber wichtig ist, sondern auch, weil es zur griechischen Mythologie passt. Denn dort sind alle Götter miteinander verwandt – sie sind also eine große Familie. Und sie bekämpfen sich sehr oft und verstehen sich überhaupt nicht. Deshalb geht es für mich eher um einen Familienkonflikt. Hector, Jason und Lukas bekämpfen und streiten sich andauernd. Doch ich denke, dass dies auch im echten Leben so ist. Familien streiten sich nun einmal. Aber sie halten auch zusammen.

BS: Also würdest du sagen, dass es sich auf dich positiv ausgewirkt hat, in einer Großfamilie aufzuwachsen?

Josephine Angelini: Es war in dem Sinne positiv, dass ich das überlebt habe (lacht). Als ich ungefähr vierzehn war, habe ich meine ganze Familie gehasst. Nein – ich habe sie nicht wirklich gehasst. Aber ich war das Balg, ich war die Jüngste, und meine älteren Schwestern hätten mich am liebsten erwürgt. Aber ich habe es überstanden, also war es schlussendlich gut (lacht).

BS: Wir haben eine Frage zu deinem Namen: Josephine Angelini. Ist das italienisch?

Josephine Angelini: Ja, mein Vater ist Italiener. Ich wurde nach seinem Bruder benannt, der „Joseph“ heißt. Und „Angelini“ ist der Nachname meines Vaters, das bedeutet „Kleiner Engel“. Mittlerweile mag ich meinen Namen sehr gerne, aber früher war das anders. Denn er ist so lang und er hat für mich immer wie ein Name für alte Frauen geklungen. Aber nun schätze ich ihn wirklich und bin meinen Eltern dankbar dafür.

BS: Warst du dann auch oft in Italien?

Josephine Angelini: Wir haben noch Cousins dort und einige meiner älteren Geschwister sind nach Italien gezogen. Denen hat mein Vater auch Italienisch beigebracht, aber bei mir hatte er dann nach sieben Kindern keine Lust mehr (lacht). Aber irgendwann werde ich mal hinfahren.

BS: Gibt es denn irgendetwas, das du hier in Deutschland sehen möchtest?

Josephine Angelini: Leider werde ich mir nicht so viel ansehen können, wie ich möchte. Ich bin nur hier bei der Messe und muss dann gleich weiter nach Köln. Aber ich würde gerne Berlin und noch so viel mehr sehen. Ich werde sicherlich noch einmal nach Deutschland kommen. Aber jetzt muss ich meine Arbeit machen (lacht).

BS: Was hat für dich eine blaue Seite?

Josephine Angelini: Aus irgendeinem Grund habe ich „Jazz“ im Kopf. Ich glaube, das ist eine kulturelle Sache.

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